Umrüstung von 110...130V- Allstromradios auf 230 V Wechselstrom
Besonders auf dem französischen Markt waren oft kleine Allstromradios mit U- Röhren mit 100 mA Heizstrom weit verbreitet, z. B. mit dem Röhrensatz UCH42, UF41, UBC41, UL41 und UY42. Teilweise waren diese nur für 110...125V, manche waren jedoch auch auf 220V umschaltbar. Hierbei wurde jedoch nur der Heiz- Vorwiderstand umgeschaltet, die Anodenspannung wurde aber immer aus der jeweilige Netzspannung gleichgerichtet.
Bei Betrieb an 110V erreicht die UL41 eine Leistung von ca. 1,2W, was für die meist sehr kleinen Radios gerade richtig ist. Bei 220V kommt die UL41 jedoch auf ihre volle Leistung von 4W, was für den kleinen Lautsprecher und den winzigen Ausgangsübertrager erheblich zu viel ist. Hier ist eine Herabsetzung der Anodenspannung auf 110V sehr zu empfehlen. Bild (4) zeigt eine Beispielschaltung mit diesem Röhrensatz.
Ein entsprechend umgerüstetes Küchen- und Nachttischradio Philips BF211U wird hier beschrieben.
Anodenspannungsreduzierung mittels Vorschalt- Kondensator
Die Reduzierung der Anodenspannung mittels Drossel ist zwar sehr elegant, weil physikalisch optimal passend, doch oft ist eine geeignete Drossel nicht vorhanden oder es fehlt der Platz zum Einbau.
Da stellt sich die Frage, ob man zur Herabsetzung der Anodenspannung vielleicht doch auch einen Vorschalt- Kondensator verwenden könnte, wie er auch sehr erfolgreich im Serien- Heizkreis einsetzbar ist. Diesen Kondensator „einfach so“ wie einen Widerstand vor die Anode der Gleichrichterröhre zu schalten, funktioniert nicht. Er würde sich über die Einweggleichrichterröhre einfach nur aufladen und dann passiert nichts mehr. Also muss eine Möglichkeit vorhanden sein, dass der Kondensator ständig wieder entladen wird.
Dies wird in Bild (5) realisiert mit einer Diode D1, die in umgekehrter Polarität zum N- Leiter führt. Damit wird der Kondensator C2 nicht nur entladen, sondern auf die negative Halbwelle umgeladen. Steigt die positive Halbwelle wieder an, fließt ein erneuter positiver (um-) Ladestrom durch die Gleichrichterröhre UY41, wodurch die Anodenspannung von 110V entsteht, die durch den Elko C3 geglättet wird. Ähnliche Schaltungen sind gebräuchlich zu Erzeugung negativer Gittervorspannungen, wenn keine eigene Wicklung dafür vorhanden ist.
Zuerst wird aber der Vorschalt- Kondensator C1 für den Heizkreis genau so berechnet und in Betrieb gesetzt wie zuvor beschrieben. In einem Testmodell mit dem Rimlock- U- Röhrensatz waren etwa 1,6 µF erforderlich.
Die Größe (Kapazität) des Anoden- Vorschalt- Kondensators C2 bestimmt die Anodenspannung. Aus verschiedenen Gründen lässt sich dieser Kondensator nur annähernd berechnen. Grundsätzlich muss die Anodenspannung bekannt sein, also in diesem Fall etwa 110V, wie auch der Gesamt- Anodenstrom des Gerätes.
Um diesen zu messen, muss das Gerät zuerst restauriert und unter original- Bedingungen (über einen Trafo) in Betrieb genommen werden. Hat das Gerät eine Spannungsangabe 110 bis 130V ohne Umschaltung, sollte man nur den Mittelwert 120V wählen.
Man kann aber auch zuerst nur den Kondensator- Heizkreis an 230V in Betrieb nehmen und dann nur noch die Anode der Gleichrichterröhre je nach Geräte- Nennspannung über einen Stelltrafo einspeisen.
Dabei dürfen nur gute Röhren verwendet werden, die ihre Nennwerte einhalten und das Gerät muss ordnungsgemäß funktionieren. Der Empfänger muss dabei einen Sender mit gutem Signal empfangen, so dass die HF- Röhren auf einen verringerten Anodenstrom herab geregelt werden.
Bei einem Testmodell mit dem Röhrensatz UCH42, UF41, UBC41, UL41 und UY42 wurden bei 110V Anodenspannung 35 mA Anodenstrom ermittelt.
Der Anodenkreises dieses Radios stellt also einen Verbraucher von 110V und 35 mA dar. Da aber von dem (Wechsel-) Strom durch den Vorschalt- Kondensator nur die positive Halbwelle ausgenutzt wird, muss man als Kondensatorstrom den doppelten Wert einsetzen, also 70 mA.
Es muss also ein Vorschalt- Kondensator berechnet werden, der an 230V 50Hz betrieben wird und einen Verbraucher von 110V, 70mA speisen soll.
Diese Berechnung wird nun so ausgeführt, als ob ein Heizkreis- Kondensator zu berechnen wäre. Hierzu verwenden wir die Excel- Tabelle, die im Beitrag „Kondensatoren für Serienheizkreise“ unter "Berechnung des Kondensators" zu finden ist.
In dieser Tabelle wird als Netzspannung 230V eingesetzt, (oder die Spannung, die durchschnittlich vor Ort meistens vorhanden ist), als „Heizstrom“ werden die ermittelten 70mA = 0,07A eingesetzt, als „Heizspannung“ 110V (nur in einer Zelle). Es erscheint sofort ein Kondensatorwert von C = 1,103 µF.
Da bei dieser Berechnung keine Verluste berücksichtigt werden, u. A. von der Gleichrichterröhre, ist dieser Wert stets zu klein. Man kann ihn aber als Anfangswert einsetzen und mit Zusatzwerten solange erhöhen, bis die erwünschte Anodenspannung, z. B. 110V, erreicht wird.
Im Testmodell waren etwa 1,2 µF erforderlich, die aus mehreren Teilkondensatoren 1 + 0,15 + 0,047 µF zusammengesetzt wurden.
Selbstverständlich müssen auch alle Teile dieses Anoden- Vorschalt- Kondensators (hier C2) mindestens für 230V AC 50 Hz Dauerbetrieb ausgelegt sein.
Nach dem Ausschalten soll der Vorschalt- Kondensator C1 entladen werden. Dies geschieht mit dem Widerstand R3. Der Wert ist unkritisch, geeignet sind 4,7...10 MΩ. Wegen der Spannungsfestigkeit sollte mindestens eine 1 W- Ausführung verwendet werden.
Umrüstung mit Anpasstrafo – eine Alternative ?
Auf den ersten Blick ja. Man nimmt einen Trafo 230 / 115V und schon hat man die gewünschte Spannung.
Günstig ist es, wenn die Gesamt- Heizspannung etwa im Bereich 110...120V liegt, die dann direkt von Trafo gespeist werden kann. Der U- Röhrensatz UCH42, UF41, UBC41, UL41 und UY41 hat die Gesamt- Heizspannung 116,6V, ist also sehr günstig.
Doch im Detail zeigen sich kleine Probleme:
Durch den Wegfall des Vorschaltkondensators geht der Schoneffekt durch den annähernden Konstantstrom verloren. Die Röhren heizen mit ihrem Kaltwiderstand auf, wodurch schnellere Heizfäden aufblitzen können.
Skalenlampen können nicht mehr in diesem Heizkreis betrieben werden, da sie sofort durchbrennen würden.
Für die Skalenlampen ist daher eine eigene Wicklung oder zumindest eine eigene Anzapfung notwendig.
Schon alleine wegen dem Konstantstromeffekt ist daher der Heizkreis- Vorschaltkondensator dem Anpasstrafo vorzuziehen, dazu kommt der günstige Einbau und geringere Kosten.
Wegen der Einweggleichrichtung muss der Trafo stärker ausgelegt werde, als es dem rechnerischen Leistungsbedarf entspricht.
Trafos haben Gewicht und Platzbedarf, was bei Kleingeräten problematisch sein kann.
Bei einem Röhrensatz mit 6A8, 6K7, 6Q7, 25L6 und 25Z6 ist die Gesamt- Heizspannung 79V. Trafos für 230 / 115V, egal ob Spar- oder Trenntrafo sind ja noch günstig erhältlich, selten aber solche mit Anzapfungen wie 79V. Also wäre hier doch wieder ein Heizkreis- Vorwiderstand erforderlich, der fast 8W Leistung vernichten müsste.
Anwendungsbeispiele:
Vorschalt- Kondensator im Serienheizkreis und verlustfreie Herabsetzung der Anodenspannung durch Einweg- LC-input:
Heiz- Gleichspannung verlustarm erzeugt durch Einweg- LC-input:
Vorschalt- Kondensator im Serienheizkreis: