Stromstoß-Relais mit Röhre GR16

Veröffentlicht in Röhrentechnik

In zahlreichen Gebäuden werden sogenannte Stromstoßrelais zum Ein- und Ausschalten der Flur- und Treppenbeleuchtung eingesetzt. Entsprechend einer Flip- Flop- Funktion schalten diese auf mechanischer Basis bei jedem Impuls in den entgegengesetzten Zustand wie zuvor. Durch Parallelschaltung beliebig vieler Taster lässt sich das Licht von allen möglichen Stellen jederzeit ein- und ausschalten. Oft ist die Betätigungsspule dieser Relais für die niedere Spannung des Klingeltransformators ausgelegt.

 

Als elektromechanische Bauteile haben diese Relais gewisse Unzulänglichkeiten. Prellen die Kontakte der Taster etwas, so schalten diese Relais wie wild ständig ein und aus ("rattern"). Nach etwa 10 Jahren sind sie mechanisch abgenutzt und bleiben öfter hängen. Durch Anklopfen kann man sie wieder zum Weiterschalten bewegen, aber dann ist ein baldiges Auswechseln notwendig.

Dieser Fall war hier eingetreten, was mich veranlasste, etwas zu erfinden, das die Nachteile dieser Relais überwindet und dessen Bau und Betrieb auch etwas Freude bereitet. Dies wäre z.B. bei einer Ausführung in Röhrentechnik der Fall.

Normale Elektronenröhren wären unwirtschaftlich, da diese ja immer geheizt sein müssten, und andererseits wären die langen stromlosen Zeiten für die ständig geheizten Röhren abträglich. Es galt auch die Bedingung, dass die Schaltung im Ruhezustand ohne jeglichen Energieverbrauch sein müsste.

Es kamen deshalb nur Kaltkatoden- Thyratron- Röhren in Frage. Dies sind praktisch gesehen steuerbare Glimmlampen. Sie haben einen relativ hohen Spannungsverlust von ca. 110 V als Preis für die heizungslose Katode. Dafür können sie aber direkt mit gleichgerichteter 230 V Netzspannung betrieben werden und entsprechend hochohmige Relais schalten.

Sie lassen sich nur durch einen Impuls zünden, Ausschalten können sie nur durch Wegnahme des Anodenstroms, z.B. mittels absichtlich nur unzureichend geglätteter Einweggleichrichung, wodurch beim Rückgang der Halbwelle die Brennspannung unterschritten wird.

Diese Glimmröhren waren in den 1950er und 1960er Jahren in großen Mengen in der Industrie im Einsatz, z.B. in Zeitrelais, Zählern und Heizungsreglungen bzw. Steuerungen. Diese Röhren haben eine sehr hohe Lebensdauer.

Die nachfolgende Schaltung wurde in den Weihnachtstagen 1994 ausgedacht, in die Praxis umgesetzt und optimiert, dann sogleich korrekt aufgebaut und in Betrieb genommen. Sie arbeitet seitdem absolut zuverlässig ohne jeglichen Ausfall. "Rattern" und Hängenbleiben gehören seitdem der Vergangenheit an.

Ein erster Versuch, die Schaltung direkt zu entwerfen, schlug fehl. Nur eine Zerlegung in Funktionsblöcke (UND / ODER- Gatter, Zeitstufen) und Erstellung eines Ablaufdiagramms führten zum Ziel.

 

Als Röhren wurden Kaltkatoden-Thyratrons des Typs GR16 verwendet, weil diese gut geeignet sind und genügend davon vorhanden waren. Es gibt noch einige andere Typen, die sich ebenfalls eignen würden. 

Es ergab sich, dass außer der eigentlichen Relais- Schaltröhre V3 eine Löschröhre V2 notwendig war, die beim Ausschaltimpuls die V3- Ansteuerung kurzschließt und eine weitere Röhre V1, die wiederum beim Einschalten die Funktion von V2 verhindert.

Im ausgeschalteten Zustand sind alle Röhren gesperrt. Beim ersten Impuls von einem der Tastschalter zünden die Relaisröhre V3 und gleichzeitig auch die Löschen-Unterdrücken-Röhre V1 und das Relais zieht an.

Das Zünden von V1 verhindert den Spannungsaufbau über die Strecke R4 (300 kΩ) - C3 (0,47 µF) und R7 (4,7 MΩ) zur Steuerelektrode der Löschröhre V2. Die untere Spannungszufuhr über R2 (1,8 MΩ) reicht alleine nicht zum Zünden von V2.

Damit wird beim Einschaltimpuls verhindert, dass die Relaisröhre V3 sofort wieder von der Löschröhre V2 gelöscht wird.

Nach Loslassen des Tasters bleibt die Relaisröhre V3 mittels Spannungszufuhr über den Reaiskontakt K1, den Dioden D3 und D4 in Selbsthaltung.

Die nun nicht mehr angesteuerte Röhre V1 erlaubt nun auch das Aufladen des 0,47 µF- Kondensators C3, so dass über R7 das Gate von V2 schon vorgespannt wird.

Erfolgt nun ein zweiter Impuls, dann wird über D1 und R2 die Spannung an V2-Gate soweit angehoben, dass V2 zündet und dadurch V3 sperrt und danach alles in den Ruhezustand zurück fällt.

Es wurde die vom Klingeltransformator TR1 gelieferte Betätigungsspannung weiter verwendet, wie zuvor mit dem mechanischen Relais. Ein Kleinleistungstrafo TR2 (original 220:12V) transformiert umgekehrt die Niederspannung wieder auf 157 V hoch, die mit B1 gleichgerichtet 222 V DC ergibt, was zum Zünden der Röhren völlig ausreicht.

Der Aufbau erfolgte aus Originalbestandteilen eines Zeitrelais in dieser Technik, besonders das Klarsichtgehäuse und auch das Hochohmrelais waren gut geeignet und optisch ist das Gerät recht attraktiv.