Die Roten Röhren von Philips, Teil II , Ergänzungen 1938 / 1939

Veröffentlicht in Glasröhren in traditioneller Quetschfuß-Technik (REN904, AF7)

  

  EAB1, EBF2, ECH2, ECH3, EF8, EF9, EFM1, EK3, EL6, ELL1, EM4, 1882, 1883.

Ergänzungen 1938:

 

EAB1 : Dreifachdiode mit gemeinsamer Katode. Vorstellung Mai 1938.

Diese Röhre wurde eigens für die von Philips erfundene Dreidiodenschaltung entwickelt. Ziel war, Verzerrungen und andere Nebeneffekte, die bei der verzögerten automatischen Verstärkungsregelung auftraten, zu beseitigen. Dabei diente die erste Diode als Detektor, die zweite zur zunächst unverzögerten Regelspannungsgleichrichtung und die dritte nur speziell zur Verzögerung der Regelspannnung. Dies geschah, indem diese Diode, statt wie sonst üblich, mit negativer Vorspannung, hier mit positivem Vorstrom, z.B. 5 µA, vorgespannt wurde. Diesen Strom lieferte ein Hochohm- Widerstand von der Anodenspannung.

Ein zweiter Widerstand war mit der negativen Regelspannnung verbunden. Solange dessen negativer Strom unter diesen 5 µA blieb, blieb die Diode leitend und damit auch die Diodenspannung 0 V. Erst bei größeren negativen Strömen sperrte die Diode und die Spannung wurde negativ, wodurch der Verzögerungseffekt erreicht war. 

Diese Schaltung wurde nur in wenigen Spitzengeräten in dieser Zeit verwendet. Danach kam diese Technik wieder außer Mode und es wurde keine neuere Röhre mehr zu diesem Zweck entwickelt.

 


EBF2 : Duodiode + Regelpentode, ersetzt die EBF1. Vorstellung Juli 1938.

S 1,8. Dies ist die erste Duodiode- Regelpentode mit gleitender Schirmgitterspannung in der Roten Serie, die damit die zuvor erschienene EBF1 ablöste im gleichen Sinn, wie die EF9 die EF5 verdrängte (siehe dort). Die Telefunken EBF11 hat sehr ähnliche Daten wie die EBF2. 


ECH2 : Triode-Heptode zur Frequenzumsetzung; ersetzt die EK2,

Hersteller: Mullard (und Tungsram)

Vorstellung: Juni 1938.

Sc 0,75, If = 0,95 A !

Seit der Einführung der AK1 galt es bei Philips als Standard, für Mischröhren Oktoden einzusetzen, was über die AK2 bis zur EK2 im Verlauf der gesamten Entwicklung Schritt hielt. Leider konnte auch die verbesserte EK2 auf Kurzwelle nicht die Frequenzstabilität erbringen wie dies mit Trioden-Hexoden möglich war.

Daraufhin versuchte Philips mit der EK3 eine angebliche Oktode mit der Qualität einer Triode-Hexode herzustellen, die bei genauer Betrachtung gar keine Oktode, sondern eine Triode-Heptode darstellt. Sie war jedoch erheblich teurer und komplizierter im Aufbau als jede normale Triode-Hexode, das System war riesengroß und hatte die dreifache Heizleistung. Die EK3 war ein letzter Versuch, die Oktoden- Tradition zu halten, die sich aber als Sackgasse erwies und letztendlich auch Philips zum Umschwenken auf Trioden-Hexoden zwang.

Allerdings waren manche Philips- Tochterfirmen flexibler und wichen schon früher von den Oktoden ab.

So brachte die englische Mullard in 1936 eine Triode-Hexode TH4 heraus mit ähnlichen Daten wie die Telefunken ACH1 von 1934 und gleicher Heizleistung 4V 1A = 4W.

Schon bei der A- und C-Serie war die Heizleistung der Vorstufenröhren auf 2,6W verringert, bei der Roten Serie auf nur noch 1,26W (aus 6,3V * 0,2A), daher waren 4W Heizleistung in 1936 schon sehr veraltet.

Es folgte in 1937 eine Triode-Hexode TH4A mit Heizleistung mit 4V 1,5A = 6W !

Entgegen dem Trend, dass sich bei Neuentwicklungen die Heizleistung immer mehr verringert, wurde sie hier von den ohnehin schon sehr unzeitgemäßen 4W sogar auf 6W erhöht !

1938 folgten erstmals die Trioden- Heptoden TH4B mit 4V Heizspannung und 7-Stift- Sockel sowie die ECH2 mit 6,3V Heizspannung und Außenkontaktsockel. Ihr Heizstrom beträgt 0,95A, wodurch ebenfalls rund 6W Heizleistung erreicht werden.

Diese Röhre war alles andere als eine Ruhmestat: Ihr Heizstrom ist fast 5 mal so hoch wie der von vorherigen Oktode EK2 und der konkurrierenden Telefunken- Triode- Hexode ECH11 und immer noch höher als der von der Endröhre EL3N !

Auch die physikalischen Ausmaße der ECH2 sind für eine Vorstufenröhre enorm: die original- Mullard-Version hatte den großen zylindrischen, oben verjüngten Kolben wie die alte EL3, wie es auch bei der parallel erschienenen TH4B der Fall war.

Die Akzeptanz der ECH2 war nur gering, von Philips selbst wurde sie kaum propagiert und Philips / Mullard schien sie nur in GB / UK anzubieten. In andern Ländern, wo Philips stark vertreten war, ist sie nicht zu finden.

(Mangels eines Exemplars dieser sehr raren Röhre wurde nach den Umrissen ein Ersatzbild konstruiert).


 

ECH2- Tungsram

Der gemessene und auch in Datenblättern genannte Heizstrom dieser Tungsram ECH2 beträgt nur 0,35A gegenüber 0,95A der original Philips / Mullard ECH2, weshalb eine deutliche Modifikation dieser Röhre vorgenommen worden sein muss.

Da sich die Betriebsdaten der ECH2 nur unwesentlich von denen der ECH4 unterscheiden, ist anzunehmen, dass hier tatsächlich ein System der ECH4 eingebaut wurde, zu welcher auch der angegebene Heizstrom passt. Demnach könnte diese ECH2- Ersatzversion erst nach der Erscheinung der ECH4 ab 1940 hergestellt worden sein.

Tungsram war sehr kreativ darin, vorhandene Röhrendesigns in andere umzufunktionieren.

Jedoch muss man davon ausgehen, dass die frühere Version dieser Tungsram ECH2 den gleichen Heizstrom 0,95A wie die original Mullard ECH2 hatte.

 


EF8 : Regelbare rauscharme HF- Verstärkerröhre, speziell für HF-Vorstufen.

Vorstellung Mai 1938. S 1,8. Trotz des "F" in der Bezeichnung ist dies eigentlich keine Pentode.

Zur HF- Vorverstärkung wünscht man grundsätzlich eine Röhre mit möglichst hoher Verstärkung, was für die Verwendung von Pentoden spricht. Diese erzeugen jedoch ein unerwünschtes Rauschen, das durch die Stromverteilung zwischen Schirmgitter und Anode entsteht. Die EF8 ist zwar aufgebaut wie eine Pentode, jedoch befindet sich vor dem Schirmgitter noch ein weiteres Gitter mit gleicher Steigung wie die des Schirmgitters, wobei dessen Windungen genau vor denen des Schirmgitters liegen. Liegt dieses Zusatzgitter auf 0 V, so lenkt es die meisten Elektronen vom Schirmgitter ab und der Schirmgitterstrom wird sehr gering im Verhältnis zum Anodenstrom und das Rauschen verringert sich ebenso. Die EF8 wurde nur in HF- Vorstufen von Spitzengeräten dieser Zeit verwendet, danach wurde keine neuere Röhre dieser Art mehr entwickelt.

Die Telefunken EF13 dient der gleichen Verwendung wie die EF8, jedoch mit einer anderen Elektrodenstruktur.


EF9 : Regelpentode, ersetzt die EF5. Vorstellung Mai 1938.

S 2,2. Die EF9 ist die erste Regelpentode mit gleitender Schirmgitterspannung in der Roten Serie, die damit die zwei Jahre zuvor erschienene EF5 ablöst. Anstelle einer festen Schirmgitterspannung, die z.B. durch einen Spannungsteiler (Schirmgittervor- und Paralellwiderstand) erzeugt wird, ist in diesem Fall nur ein Schirmgitter-Vorwiderstand vorgesehen, der im ungeregelten Zustand die richtige Schirmgitterspannung von 100 V erzeugt. Wird nun die Röhre heruntergeregelt, so steigt die Schirmgitterspannung mit abnehmendem Schirmgitterstrom an. Diese Röhrenkonstruktion ermöglicht eine größere Steilheit bei gleichzeitig kleinerem Anodenstrom im ungeregelten Zustand. S=2,2 bei Ia 6 mA.

Die Telefunken EF11 hat sehr ähnliche Daten wie die EF9.


EFM1 : Magisches Auge + Regel- NF- Pentode; Verbundröhre zur Abstimmanzeige und zugleich NF- Vorverstärkung. Vorstellung Juli 1938.

Die EFM1 ist weitgehend die Übernahme der von Telefunken entwickelten EFM11. Sogar der wegen des großen Stahlröhrensockels notwendige Kolbendurchmesser von 37 mm wurde beibehalten, obwohl bei Außenkontaktsockeln nicht erforderlich.

Bei der EFM1 hat man die NF- Vorverstärkung mit der Abstimmanzeige in dem Sinne miteinander kombiniert, in dem man den Pentodenteil als Regelröhre mit gleitender Schirmgitterspannung ausgebildet hat (sh. EF9). Das Schirmgitter ist dabei mit den Ablenkstäben des Anzeigeschirms verbunden. Das Steuergitter erhält das NF- Signal und zugleich auch die Regelspannung. Dadurch wird das NF- Signal abhängig von HF- Signalstärke geregelt und zugleich wird durch die gleitende Schirmgitterspannung der Anzeigeschirm entsprechend ausgelenkt. Damit war die Einsparung einer Röhre möglich, bzw. die Röhrenanzahl braucht trotz Abstimmanzeige nicht erhöht zu werden. Bestückungsmöglichkeiten sind hiermit möglich: EK2 + EBF2 + EFM1 + EL3 oder EK2 + EF9 + EFM1 + EBL1.

Wegen des hohen Klirrfaktors und des nicht befriedigenden Anzeigebereiches hat sich diese Röhrenkombination nicht bewährt und wurde alsbald durch die Zweibereichs-Anzeigeröhren EM4 bzw. EM11 ersetzt. Auch waren die langen abgeschirmten NF- Hin- und Rückleitungen zum Einbauplatz der EFM1 bei den Geräteherstellern nicht gerade beliebt.


EK3 : "Vierbündeloktode" zur Frequenzumsetzung, ersetzt die EK2.
Vorstellung Mai 1938.
Sc 0,65; If = 0,6 A !

Bei den Mischröhren standen zu dieser Zeit zwei Konzepte zur Auswahl: Oktoden und Trioden-Hexoden.

Seit der Einführung der AK1 galt es bei Philips als Standard, für Mischröhren Oktoden einzusetzen, was über die AK2 bis zur EK2 im Verlauf der gesamten Entwicklung Schritt hielt.

Oktoden sind in der Konstruktion einfacher als Trioden-Hexoden, sie haben aber den Nachteil, dass sie bei höheren Frequenzen auf Kurzwelle zu Frequenzverschiebungen neigen, abhängig von der Signalstärke des empfangenen Senders, was bei dem stetigen Fading auf KW äußerst lästig ist.

Trioden-Hexoden-haben diesen Mangel nicht, dafür ist ihre Konstruktion wegen den notwendigen zwei Systemen aufwändiger.

Mit der EK3 versuchte Philips eine angebliche Oktode mit der Qualität einer Triode-Hexode herzustellen, was zwar gelang, dafür war diese jedoch erheblich komplizierter als jede normale Triode-Hexode ! Eines der Hauptargumente der Oktode gegenüber der Triode-Hexode war der einfachere und damit kostengünstigere Aufbau, was bei der EK3 ins krasse Gegenteil verkehrt wurde.

Bei genauer Betrachtung ist diese Röhre auch keine Oktode, sondern eine Triode-Heptode in kreisförmiger horizontaler Systemaufteilung : um die gemeinsamen Teile Katode und Gitter 1 (Oszillatorgitter) ist das System in vier Sektoren aufgeteilt. Davon bilden jeweils zwei gegenüberliegende, durch Elektronenleitsystemen voneinander getrennte Sektoren nach links und rechts eine Triode, und zwei weitere, nach oben und unten, eine Heptode. Der Systemaufbau aus einem monströsen Gewirr aus Drähten und Blechen ist deutlich größer als jener der Endröhre EL3N, mit entsprechender Kolbengröße, der Heizstrom ist mit 0,6 A drei mal so groß wie der der normalen Oktode EK2.

Mit der EK3 versuchte Philips nach außen die Oktoden-Tradition zu wahren und konnte damit wahrscheinlich das Trioden-Hexoden- Patent umgehen, aber diese Röhre war in der Herstellung so teuer, dass sie wohl subventioniert werden musste, um überhaupt Abnehmer zu finden.

 

Querschnitt durch das Elektrodensystem der EK 3 mit Elektronenbahnen.

Die beiden Elektronenbündel nach links und rechts dienen für die Schwingungserzeugung. An Gitter 1 befindet sich dadurch eine Schwingspannung, die die beiden Bündel, die nach oben und nach unten verlaufen, moduliert. Der Oszillatorteil ist durch eine Blechkapselung umschlossen, die zwei Schlitzöffnungen besitzt, wodurch die beiden Bündel gerichtet sind.

Diese Blechkapselung ist auf eine positive Spannung gebracht und wirkt wie ein drittes Oktodengitter. Die Elektronen, die den Oszillatorraum verlassen haben, werden auf ihren Bahnen vor dem vierten Gitter mehr oder weniger abgebogen. Etwaige zurückgestoßene Elektronen können nicht mehr in den Oszillatorraum gelangen, sondern treffen die Blechkapselung.
(Nach Philips- Unterlagen)

 

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Im Vergleich von Baugröße, Aufwand und Heizleistung stellt die EK3 einen absoluten Rückschritt gegenüber der vorherigen EK2 dar.  

Die EK3 wurde im März 1938 als neue Röhre vorgestellt, obwohl schon am 15. Februar 1938 in der Zeitschrift „Funk“ erstmals in Deutschland die neuen Stahlröhren angekündigt wurden, darunter die Triode- Hexode ECH11, mit nur noch 1,26W Heizleistung (aus 6,3V * 0,2A) und entsprechend kleinem Systemaufbau, der horizontal in dem von Telefunken entwickelten Stahlröhrenkolben eingebaut wurde.

Mit dieser ECH11 war eine neue Triode-Hexode entstanden, die in Systembaugröße und Heizleistung dem Stand der Roten Serie entsprach. Damit wurden alle bisherigen Mischröhren übertroffen, insbesondere die EK3.

Da der Philips-Konzern einen Patentaustausch mit Telefunken unterhielt, wäre es logisch gewesen, dass diese neue Mischröhre sogleich in die Rote Serie übernommen worden wäre. Dies geschah zwar in der französischen Octalserie mit der Triode-Hexode 6E8G, aber nicht in der Roten Serie.

Als Studienobjekt kann man der Entwicklung der EK3 eine gewisse Berechtigung unterstellen, aber spätestens bei der Ankunft der ECH11 hätte man die Produktionsvorbereitung stoppen müssen, da sie als krasse Fehlentwicklung gegenüber dem ECH11- System chancenlos war.

Philips nahm jedoch trotzdem die Produktion auf und hielt eine der ECH11 entsprechende Triode-Hexode in der Roten Serie zurück.

Wie zu erwarten, fand die EK3 nur wenig Zuspruch bei den Geräteentwicklern. Die EK3 war ein letzter Versuch, die Oktoden- Tradition zu halten, die sich aber als Sackgasse erwies und letztendlich auch Philips zum Umschwenken auf Trioden-Hexoden zwang, was nach wenigen Monaten zur ECH3 führte.

EK2
Februar 1936
EK3
März 1938
 ECH11
Februar 1938
ECH3
Januar 1939
   
 EK2 EK3  ECH11

 ECH3

 

Triode- Hexode 6K8 - ein Gegenentwurf zur EK3:

Sogar schon kurze Zeit zuvor (Jan.1938 ) erschien bei RCA (USA) eine Röhre 6K8, die prinzipiell genau so funktionierte wie die EK3, aber statt "Vierbündeloktode" nur Triode- Hexode genannt wurde, die aber in der praktischen Ausführung das krasse Gegenteil der EK3 war.

Während die EK3 so aufwändig, umständlich und klobig wie nur irgendwie möglich aufgebaut war, war die 6K8 dagegen funktional atemberaubend clever und zugleich äußerst kostengünstig konstruiert.


6K8: Triode- Hexode mit beidseitiger Systemaufteilung gegenüber der Katode :

um die gemeinsamen Teile Katode K und Gitter G1 (Oszillatorgitter) befindet sich nach oben das Mehrgitter- Mischsystem (Hexode), bestehend aus den Schirmgittern G2H und G4H, dem Signal- Steuergitter G3H, dem Abschirm- und Strahlleitblech S und der Hexoden- Anode AH.

Die beiden Schirmgitter G2H und G4H bestehen aus einem gemeinsamen, beidseitig abgeflachten Gitterwickel mit gemeinsamen Haltestäben, - also eine Konstruktion, wie sie normalerweise für nur ein einzelnes Schirmgitter benötigt wird, z. B. in einer Pentode.

Mit dem gleichen Aufwand, der normalerweise für nur ein einzelnes Schirmgitter benötigt wird, z. B. in einer Pentode, entstehen hier die beiden Schirmgitter G2H und G4H.

Dazwischen befindet sich das ebenfalls abgeflachte Signal- Steuergitter G3H, - eine genial durchdachte Konstruktion !

Durch das Strahlleitblech S erhält das Mischsystem Heptoden- Charakteristik, indem die Blechblende zwischen G4H und AH wie ein Bremsgitter funktioniert.

Nach unten befindet sich nur noch die Triodenanode AT für den Oszillator.

Auch hier sorgt das Abschirm- und Strahlleitblech S für eine saubere Trennung des Trioden- Systems von dem Mehrgitter- Mischsystem.

'

Der Unterschied zwischen 6K8 und EK3

besteht darin, dass sich bei der 6K8 in kreisförmiger horizontaler Aufteilung um die gemeinsamen Teile Katode und Gitter G1, auf der einen Seite eine Oszillatoranode und auf der anderen Seite ein Mehrgitter- Mischsystem befindet. Oszillator- und Mischsystem stehen sich also 180° gegenüber, was auch in der Typen- Zuordnung „Triode- Hexode“ klar bestätigt wird.

Bei der Philips "Vierbündeloktode" EK3 wurden diese beiden Systeme nochmal halbiert, wodurch nach jeweils 90° auf ein Oszillatorsystem ein Mischsystem folgt.

Dadurch wird bei oberflächlicher Betrachtung der Eindruck verwischt, dass der Systemaufbau tatsächlich aus verschiedenen Komponenten besteht und man den Betrachter zu überzeugen versucht, es handele sich um ein einzelnes gesamtes System, das man "Vierbündeloktode" nannte.

Bei genauer Betrachtung ist diese Röhre jedoch keine Oktode, sondern eine Doppeltriode- Doppelheptode in kreisförmiger horizontaler Systemaufteilung: um die gemeinsamen Teile Katode und Gitter 1 (Oszillatorgitter) ist das System in vier Sektoren aufgeteilt. Davon bilden jeweils zwei gegenüberliegende, durch Elektronenleitsystemen voneinander getrennte Sektoren nach links und rechts eine Triode, und zwei weitere, nach oben und unten, eine Heptode.

Der Systemaufbau der 6K8 ist nicht größer als der von anderen Vorstufenröhren, der Systemaufbau der EK3 ist jedoch deutlich größer als jener von ausgewachsenen Endröhren wie AL4, EL3 und EL11 mit entsprechender Kolbengröße.

Der Heizstrom der EK3 ist mit 0,6 A doppelt so groß wie der der 6K8.

 


 

EL3N Endpentode, ersetzt die bisherige EL3
Erste Quelle: Aug.1938 : Philips Bulletin
9 W, 36 mA, S 9; -6 V.
Heizung 6,3 V, 0,9A

Die im Mai 1936 erschienene EL3 wurde noch mit einer Katode mit kreisrundem Querschnitt hergestellt. Dadurch ist bedingt durch die Gitterhaltestäbe der Abstand der Gitterwindungen zur Katode ungleichmäßig mit den Folgen ungleichmäßiger Stromverteilung und ungünstiger Steuerwirkung.

Daher erhielt die EL3N, wie auch die datengleiche EL11 von Telefunken, eine Profilkatode mit elliptischer Oberfläche zu den Gitterwindungen hin, aber mit seitlichen Abflachungen zu den Gitterhaltestäben, wobei die nur die in Strahlrichtung emittierenden Oberflächen mit aktiver Schicht besprüht sind.

Dadurch ließen sich die ebenfalls elliptischen Gitterwindungen in überall gleichmäßigerem Abstand an die Katodenoberfläche anpassen, wodurch die Katode gleichmäßiger beansprucht wurde und sich ein günstigerer Kennlinienverlauf ergab als bei einer Rundkatode.

Durch die kleinere Wärmestrahlung der unbesprühten Flächen ergab sich eine bessere Katodenausnutzung und eine geringere Erwärmung der Gitterhaltestäbe. Durch den gesteigerten Wirkungsgrad der Katode konnte die Heizleistung verringert werden. Die Heizleistung der EL3N wurde dadurch von 7,56 W (der EL3) auf 5,67 W abgesenkt.

Diese Profilkatoden waren ab dann Stand der Technik und wurden dann auch bei anderen Endröhren eingesetzt, die zuvor mit Rundkatoden versehen waren, ohne dass dabei deren Bezeichnung geändert wurde.


EL6 : 18 W-Endpentode, mit doppelter Steilheit als die EL5, ersetzt diese. 

Vorstellung Juli 1938.

18 Wa, 72 mA, -7 V, S 14,5; 1,2 Af. Seit AL3 und EL3 standen normal starke Endröhren mit relativ geringem Steuerspannungsbedarf ( 4,2 V) zur Verfügung. Aus dem Wunsch, auch bei den stärkeren Endröhren mit einer geringen Steuerspannung auszukommen, entstand die EL6, parallel und identisch zur Telefunken- EL12 mit Stahlsockel. Mit einem Steuerspannungsbedarf von 4,8 V konnte die EL6 mit normalen Schaltungen angesteuert werden, die für die EL3 vorgesehen waren, während für die bisherige EL5 8,2 V nötig waren.

Diese höhere Steilheit gegenüber der gleich starken EL5 wurde durch die Profilkatode und optimal angepassten Gitterwindungen ermöglicht.

Im Eintakt- A- Betrieb erreichte die EL6 eine Sprechleistung von 8,2 W, in Gegentakt- Schaltung, für die sie eigentlich weniger vorgesehen war, erzielt sie mit nur 14,5 W deutlich weniger als die EL5 (19,5 W).

Die EL6 wurde weiterentwickelt zur 4699, welche mit höherer Betriebsspannung mehr Ausgangsleistung liefern konnte.

 


ELL1 : Doppelendpentode für Autoempfänger für Gegentaktbetrieb. 

Vorstellung Juli 1938.

2 x 4,5 Wa, -20 V, S 1,8; 0,45 Af.

Die ELL1 ist die erste Gegentakt- Endröhre mit zwei kleinen Endpentodensystemen in einem Kolben und war gedacht für Autoempfänger. Mit dem halben Heizstrom der EL3 und einem kleineren Ruhestrom (30 mA) konnte eine leicht größere Ausgangsleistung (5,4 W) als mit der EL3 erzielt werden. Dies allerdings mit wesentlich geringerer Steilheit, wodurch eine Gitterwechselspannung von 2 x 19 V erforderlich wurde, die entsprechend der damaligen Technik ein Gegentakt- Steuertransformator liefern musste.

Ein direkter Nachkomme der ELL1 existiert nicht, erst viele Jahre später erschien die ELL80, die jedoch mehr für Heimgeräte gedacht war (Stereo).

Der entsprechende Konkurrenztyp von Telefunken war die Gegentakt- Endtriode EDD11, welche ähnlich der 6N7 im Gitterstrombereich betrieben wurde und vor allem einen noch wesentlich geringeren Ruhestrom hatte (7 mA).


 

1882 und 1883 

In der 18xx- Serie wurden von Philips verschiedenartige Vakuum-Gleichrichterröhrentypen untergebracht, z.B. 1802 = RGN354, 1805 = RGN1064.

Auf den ersten Blick ist die Zugehörigkeit der Typen 1882 und 1883 zur Roten Serie nicht ersichtlich. In ihrem Verbreitungsgebiet in Westeuropa, besonders in Frankreich, wurden sie jedoch ausschließlich im Zusammenhang mit der Roten Serie eingesetzt, also muss man sie hier hinzuzählen. 

Bisher waren für die Rote Serie Gleichrichterröhren mit 4 V Heizspannung (AZ1...4) oder 6,3 V (EZ1...4) vorgesehen. In europäischen Ländern mit freiem Röhrenmarkt waren jedoch auch viele Gleichrichterröhren nach amerikanischer Technik mit 5 V Heizspannung vertreten. Als Erleichterung für die Geräte- und Trafohersteller wurden mit den Typen 1882 und 1883 nun auch Gleichrichterröhren mit 5V Heizspannung in die Rote Serie aufgenommen, wodurch man nun einheitlich die gleichen Netztrafos verwenden konnte wie für amerikanische Röhrensätze (Octal). 

1882 : Zweiweggleichrichterröhre, direkt geheizt, ersetzt AZ1. 

Vorstellung Juni 1938.

2 x 350 V 125 mA / 2 x 400 V 110 mA; f 5 V 2 A dir.

Sie entspricht bis auf den Außenkontaktsockel der amerikanischen 5Y3G bzw. 80.

Dabei wurde die historische Chance vertan, diese Röhre 1880 statt 1882 zu benennen, in Anlehnung an ihre Herkunft von der 80. Ein anderer Typ mit der Bezeichnung 1880 wurde nie gesehen.

Da auch die 5Y3G von der 80 abgeleitet wurde, standen nun die drei datengleichen Gleichrichterröhren 80, 5Y3G und 1882 zur Auswahl, jeweils mit UX4, Octal- oder Außenkontaktsockel. 

Die 1882 konnte sich gegen die erfolgreiche (halb-) indirekt geheizte 1883 nicht durchsetzen und wurde nach 1945 nicht mehr verwendet. 


1883 : Zweiweggleichrichterröhre, halbindirekt geheizt, entspricht bis auf den Außenkontaktsockel der Octalröhre 5Y3GB. Vorstellung Juni 1938.

2 x 350 V 125 mA / 2 x 400 V 110 mA; f 5 V 1,6 A halbindirekt.

Wie schon bei EZ3 und EZ4 beschrieben, verursachen direkt geheizte Gleichrichterröhren das Problem, in dem sie viel früher Strom liefern, als die trägen indirekt geheizten Empfängerröhren Strom aufnehmen können, mit der Folge schädlich hoher Überspannungen in der Zwischenzeit. Wie schon die EZ3 und EZ4 als 6,3 V- Röhren, löst die 1883 dieses Problem als Gleichrichterröhre mit 5V Heizspannung.

Um die 1883 austauschbar zur 1882 zu machen, sorgte man dafür, dass diese trotz indirekter Heizung den gleichen Innenwiderstand wie die 1882 hat. Hierzu wurden für den Systemaufbau die gleichen Anodenzylinder wie für die direkt geheizte 1882 verwendet und einfach die indirekt zu heizenden Katodenrohre hier eingesetzt.

Die Heizung war jedoch nur "halbindirekt", weil die Katode mit einem Heizfadenende verbunden ist, in diesem Fall das am Sockel linksseitige (unlogischerweise, da sich neben dem rechtsseitigen normal die Katode befindet.) Damit konnte man sich eine höherwertige Heizfadenisolation ersparen.

Später wurde die Konstruktion der 1883 ebenso wie auch bei der daten- und baugleichen Octalröhre 5Y3GB geändert, indem man um nur noch eine gemeinsame Flachprofilkatode nach jeder Seite ein speziell geformtes Anodenblech für jede Halbwelle anordnete. Daneben wurden sowohl die 1883 wie auch die 5Y3GB in einer ganzen Anzahl verschiedener Versionen geliefert, die sich im Systemaufbau oder Kolben unterschieden.

Obwohl beide Röhren 1882 und 1883 zusammen im Juni 1938 herauskamen, setzte sich die 1883 wegen ihrer Vorteile immer mehr durch. In nach 1945 in Frankreich gefertigten Gerät ist keine 1882 mehr anzutreffen. 

Die deutschen Datenbüchern angegebenen Bezeichnungen RGN1882 / RGN1883 wurden ausschließlich von Telefunken gewählt und haben keine allgemeine Gültigkeit. Zu einigen 100 oder 1000 Ersatzröhren, die Telefunken unter diesen Bezeichnungen lieferte, stehen Millionen andere mit mit den Original-Bezeichnungen 1882 und 1883.



 Ergänzungen 1939  

   

ECH3 : Triode- Hexode zur Frequenzumsetzung, erste Vorstellung: Januar 1939.

Sc 0,65; If = 0,2A.

Am 15. Februar 1938 wurden in der Zeitschrift „Funk“ erstmals in Deutschland die neuen Stahlröhren angekündigt, darunter die Triode- Hexode ECH11, mit nur noch 1,26W Heizleistung (aus 6,3V * 0,2A) und entsprechend kleinem Systemaufbau, der horizontal in dem von Telefunken entwickelten Stahlröhrenkolben eingebaut wurde.

Mit dieser ECH11 war, 4 Jahre nach der ACH1, endlich auch eine neue Triode-Hexode entstanden, die in Systembaugröße und Heizleistung dem Stand der Roten Serie entsprach. Damit wurden alle bisherigen Mischröhren übertroffen, auch die Oktoden von Philips.

Da der Philips-Konzern einen Patentaustausch mit Telefunken unterhielt, erschienen die neu entwickelte Duodiode-Pentode etwa zur gleichen Zeit als EBF2 bei Philips und als EBF11 Telefunken, ebenso erschienen die neu entwickelte Regelpentode als EF9 bei Philips und als EF11 bei Telefunken. Es wäre dann auch logisch gewesen, dass diese neue Mischröhre sogleich in die Rote Serie übernommen worden wäre.

Leider war dies nicht der Fall, denn diese hielt man zurück, um unbedingt die riesengroße, teure und hochkomplizierte, mit dreifacher Heizleistung behaftete "Vierbündel"- Pseudo-Oktode EK3 auf den Markt zu bringen. Lediglich in der französischen Octalserie erschien die der ECH11 entsprechende Triode-Hexode 6E8G, aber nicht in der Roten Serie.

Wie zu erwarten, fand die Fehlentwicklung EK3 nur wenig Zuspruch bei den Geräteentwicklern, so dass sich Philips veranlasst sah, im Januar 1939 mit fast einem Jahr Verspätung dann doch die neue Triode-Hexode ECH3 vorzustellen.

Vergleicht man die Daten dieser ECH3 mit denen der ECH11, stellt man fest, dass diese überwiegend identisch sind und nur in kleinen Nuancen abweichen.

Nicht nur die Daten sind sehr ähnlich, auch im Systemaufbau besteht große Übereinstimmung. Größe, Form und Ausschnitt der Anodenbleche des Hexodensystems (oben), einschließlich der seitlichen Löcher sind fast identisch.

Unterschiedlich sind jedoch die Anodenbleche der Triodensysteme (unten). Bei der ECH11 hat die Anode nur die elektrisch notwendige Größe, während sie bei der ECH3 mit langen Flügeln seitlich verlängert ist und dadurch mehr Verlustwärme abstrahlen kann. Hier wurde wahrscheinlich berücksichtigt, dass die ECH3 als Ersatz für die EK2 verwendet werden könnte, wobei die Anode erheblich mehr belastet wird.

Äußerlich sind sich die ECH3 und die ECH11 sehr unterschiedlich, innerlich und elektrisch sind sie sich jedoch sehr ähnlich !
- Beinahe gleicher Inhalt, aber sehr unterschiedliche Verpackung !

Wenig erstaunlich, wurde die ECH3 sehr schnell zur Standard- Mischröhre in der Roten Serie und von der EK3 wollte niemand mehr was zu tun haben.

Daten im Vergleich:

    Typ: ECH11 ECH3 6E8G
  Betriebswerte als Mischstufe:   Hexode Hexode Hexode
Uf Heizspannung V 6,3 6,3 6,3
If Heizstrom mA 0,2 0,2 0,3
Ua Anodenspannung V 250 250 250
Ug2+4 Spannung Schirmgitter g2+4 V 100 100 100
Ug1 Spannung Gitter 1 V -2 -2 -2
Ug1-1/100 Ug1 für Abregelung 1:100 V -21 -23 -21
Rk Katodenwiderstand Ohm 230 215 230
Ia Anodenstrom mA 2,5 3 2,3
Ig2+4 Schirmgitterstrom mA 3 3 3
Sc Mischsteilheit mA/V 0,65 0,65 0,65
Ri Innenwiderstand MΩ 1,5 1,3 1,25
    Typ: ECH11 ECH3 6E8G
  Daten für Oszillatorbetrieb:   Triode Triode Triode
Ub Betriebsspannung V 250 250 250
Ra Außenwiderstand (Anode) KΩ 30 45 30
Ug1 Spannung Gitter 1 V -10 -10 -8
  Anodenstrom mA 3,3 3,3 3,3
Ua-stat Anodenspannung statisch V 150 100 150
Rgo+g3 Gitterwiderstand kΩ 50 50 50
S Steilheit maximal mA/V 2,8 2,8 2,8
µ Verstärkungsfaktor   20 24 17

 

 

 ECH11
Februar 1938

ECH3
Januar 1939
 ECH11
Februar 1938
ECH3
Januar 1939
 
 

EM4 : Magisches Auge mit zwei Anzeigebereichen, ersetzt EM1 und C/EM2, Vorstellung Juli 1939.

Alle bisherigen Abstimmanzeigeröhren hatten den Mangel, den gesamten Feldstärkebereich von ganz schwachen bis ganz starken Signalen nicht eindeutig anzeigen zu können. Führte man ihnen die volle Diodenspannung zu, waren sie schon bei mittleren Signalen voll ausgesteuert und starke Signale ergaben keine weitere Anzeigenänderung mehr. Verminderte man die Steuerspannung in dem Sinn, dass nur bei stärksten Signalen Vollausschlag erzielt wurde, war bei schwächeren Signale kaum ein Ausschlag mehr zu erkennen.

Die Lösung dieses Problems wurde mit der Konstruktion der EM4 erreicht. Im Gegensatz zur EM1, die vier Ablekstege hatte, die alle parallel die gleiche Auslenkung verursachten, hatte die EM4 nur noch zwei Ablenkstege mit jedoch unterschiedlicher Ablenkempfindlichkeit. Diese wurde erreicht, indem sich unter dem Leuchtschirm ein Verstärkersystem befand, das eine mit dem Leuchtschirm gemeinsame Katode, ein Gitter mit unterschiedlicher Steigung und zwei unterschiedlich große Anodenbleche hat. Diese beiden Anoden bilden mit den unterschiedlichen Gitterwindungen zwei Triodensystem mit unterschiedlicher Verstärkung. Diese Anoden sind mit den beiden Ablenkstegen verbunden.

Das empfindliche System ermöglicht nun die Anzeige schwacher Signale, während das andere fast keinen Ausschlag anzeigt, während umgekehrt das unempfindliche System bei starken Signalen noch eindeutige Ausschlagsänderungen zeigt, wenn das vorherige schon übersteuert ist.



Fortsetzung: Teil III