Röhren 1927 - 1933 in Europa

Veröffentlicht in Röhrengeschichte

Röhren werden erwachsen – indirekt geheizte Röhren für Netzbetrieb und Mehrgitterröhren

Vor 1927 zählen neben der allmählichen Verbesserung der Konstruktion die Einführung der Barium-Oxyd- Katode sowie die sichere Produktion von Hochvakuum- Röhren mittels Getterung zu den wenigen großen Fortschritten der Röhrentechnik.

Ab 1927 begann ein steiler Anstieg der Röhrenentwicklung insbesondere mit der Einführung indirekt geheizter Röhren sowie der Mehrgitterröhren.

Indirekt geheizte Röhren:

In der Frühzeit der Radiotechnik wurden Funkempfänger ausschließlich mit Batterien betrieben, sowohl als Quelle für die Anodenspannung wie auch zur Heizung. Wegen den hohen Heizströmen, besonders bei Wolfram- Katoden, wurden überwiegend Akkus verwendet.

Dieser Batteriebetrieb war umständlich und kostspielig und war für die weitere Verbreitung des Rundfunkempfangs hinderlich.

Es war daher sehr erstrebenswert, Radios am Lichtnetz zu betreiben.

Mit den bisherigen direkt geheizten Röhren war die Heizung mit Wechselspannung aus dem Lichtnetz mit mehr als einer Verstärkerstufe nicht möglich, da dies unerträgliche Brummstörungen zur Folge hätte. Die Heiz- Wechselspannung über dem Heizfaden überlagert sich mit der Gitter- Steuerspannung, was sich auch durch Symmetrierung nicht völlig beseitigen lässt.

Auch an die Erzeugung der Anodenspannung aus dem Wechselstromnetz dachte man lange Zeit nicht, da es noch nicht einmal Gleichrichterröhren gab.

Nur an den weniger verbreiteten Gleichstrom- Lichtnetzen war der Betrieb noch relativ einfach möglich, indem die Netzspannung direkt als Anodenspannung diente und die Heizfäden der Röhren in Reihe geschaltet und über einen Vorwiderstand auch an der Netzspannung betrieben wurden.

Da das Wechselstromnetz sich viel stärker ausbreitete als das Gleichstromnetz und dieses allmählich verdrängte, entstand ein Bedarf an Röhren, die am Wechselstromnetz betrieben werden konnten.

Verschiedene Firmen, auch Philips und Valvo, entwickelten Röhren mit niedriger Heizspannung von 1 Volt und weniger, um diese Brummstörungen zu vermeiden. Dabei wurde jedoch nur eine Veringerung, aber nicht eine zufriedenstellende Beseitigung des Problems erreicht.

Die endgültige Lösung bestand darin, die Heizung von der emittierenden Katode zu trennen, es entstand die

indirekte Heizung.

Erste Labor- und Kleinserien von indirekt geheizten Röhren wurden im Laufe der 1920er Jahre produziert, der große Durchbruch erfolgte weltweit jedoch erst im Jahre 1927.

Die eigentliche Katode besteht hierbei aus einem Nickelblechröhrchen, das die emittierende Oxydschicht trägt, wobei dieses Röhrchen von einem darin befindlichen Heizdraht erwärmt wird.

Die Heizdaten dieser frühen indirekt geheizten Röhren bewegten sich überwiegend im Bereich 3,8 - 4 V, Heizstrom 1 – 1,1 A, entsprechend einer Heizleistung von etwa 4 – 4,4 W, ungeachtet ob Vor- oder Endstufenröhre.
Kleinere oder dünnere Katodenröhrchen konnte man zunächst nicht herstellen, und um diese auf die erforderliche Temperatur zu bringen, war diese Heizleistung notwendig.

Es ist kein plausibler Zusammenhang zu erkennen, warum für verschiedene Röhrentypen als Heizstrom jeweils 1 A oder 1,1 A angegeben wird.
Besonders absurd ist die Heizstromangabe 1,2 A der Triode REN914,
die bei dem vorgesehenen Betrieb als Widerstands- Verstärker einen Anodenstrom von ca. ⅓ mA führt !
Bei den Paralleltypen Philips E499 und Valvo W4110 wird jeweils Heizstrom If = 1 A angegeben !

Es dauerte bis zum Jahr 1934, bis man indirekt geheizte Katoden mit weniger als 4 W Heizleistung herstellen konnte.
Die ersten Röhren mit den Heizdaten 4 V; 0,65 A, entsprechend der Heizleistung 2,6 W, waren die Typen AB1 und AK1.

Nur 2 Jahre später erschien von Philips die Rote Serie, worin Vorstufen- Röhren wie EBC3, EF5, EK2, etc. und sogar die Endpentode EL2 mit den Heizdaten 6,3 V, 0,2 A eine Heizleistung von nur noch 1,26 W hatten. Dies verdeutlicht den rasanten Fortschritt der Röhrenentwicklung in dieser Zeit !

Erst deutlich später erschienen hauptsächlich Vorstufen- Trioden mit Heizung 6,3 V, 0,15 A, entsprechend 0,945 W.
 

Mehrgitterröhren:

Bisher besaßen Röhren nur die Elektroden Kathode, Gitter und Anode und wurden daher Trioden genannt, die jedoch mit gewissen Nachteilen behaftet waren.
 ° Zur Verstärkung von Hochfrequenz stellte insbesondere die Gitter – Anodenkapazität, aber auch der niedere Innenwiderstand, ein Problem dar.
 ° Zum Betrieb von Lautsprechern waren Endtrioden ineffizient.

Röhren mit 2 Gittern: Tetroden.

Bei Trioden, also Röhren mit nur einem Gitter, wirkt die Anodenspannung der Gitter- Steuerspannung entgegen, wodurch die Verstärkung herabgesetzt wird.
Die Kapazitäten zwischen den Elektroden untereinander, insbesondere die Kapazität zwischen Gitter und Anode sind bei höheren Frequenzen nachteilig.

Mit der Einführung eines zweiten Gitters, das zunächst Schutzgitter, später Schirmgitter genannt wurde, konnten wesentliche Nachteile der Trioden aufgehoben werden.
Dieses Schirmgitter ist zwischen dem Gitter und der Anode angebracht und wirkt als Abschirmung, wodurch die Kapazität zwischen (Steuer-) Gitter und Anode verringert wird.

Dieses Schirmgitter erhält eine positive Spannung, wodurch es nun anstelle der Anode die Elektronen aus der Kathode anzieht.
Dadurch kann der Abstand der Anode zu den anderen Elektroden weiter vergrößert werden, wodurch die Kapazität Anode – Steuergitter noch mehr verringert wird.

Wurde bei der Triode die Verstärkung durch die Rückwirkung der Anode verringert, so wird nun der Anodenstrom hauptsächlich durch die konstante Spannung des Schirmgitters und der eigentlichen Steuerspannung des Gitter 1 bestimmt, wodurch eine sehr hohe Verstärkung zu erzielen ist.

Wird diese Schirmgitterröhre so stark ausgesteuert, dass durch die Schwingungsamplitude die Anodenspannung auf die Höhe der Schirmgitterspannung sinkt, werden die beschleunigten Elektronen nicht mehr von der Anode angezogen und bewegen sich zurück zum Schirmgitter, wodurch sich der Anodenstrom verringert.

Die Schwingung der Anodenspannung ist ab dieser Stelle nicht mehr proportional zur Spannung des Steuergitters, d. h. der Außsteuerbereich der Anode ist dadurch begrenzt. Für Vorstufenröhren, die nur der Signalverstärkung dienen, ist diese Einschränkung akzeptabel.

Als Endröhre ist eine solche Röhre jedoch unbrauchbar, da dieser verringerte Außsteuerbereich dem Ziel einer hohen Ausgangsleistung entgegen steht.

Röhren mit 3 Gittern: Pentoden.

Den Nachteil des verringerte Außsteuerbereichs der Schirmgitter- Tetrode lässt sich beseitigen, indem zwischen dem Schirmgitter und der Anode ein drittes weitmaschiges Gitter, ein Bremsgitter, angebracht wird, das auf Kathodenpotential liegt.
Eine solche Röhre besteht nun aus 5 Elektroden, daher also Pentode.

Dieses Bremsgitter erzeugt ein Feld, das die Sekundärelektronen zur Anode zurücktreibt.
Diese Pentode ist nun so hoch aussteuerbar, dass die Anodenspannung weit unter der Schirmgitterspannung liegen kann.
Dadurch ist eine sehr große Schwingungsamplitude der Anodenspannung möglich, wodurch Endpentoden sehr effizient arbeiten.

Bei Vorstufen- Pentoden besteht ein weitere Vorteil gegenüber Tetroden, indem ihr Innenwiderstand nochmals deutlich höher ist.

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1927 – die ersten indirekt geheizten Röhren

Auch in den USA wurden indirekt geheizte Röhren zum Betrieb an Wechselspannung entwickelt, wofür 2,5V als Heiz- Wechselspannung eingeführt wurde. Schon im Mai 1927 erschien von RCA als erste Type dieser neuen Serie die UY-227.

Nach dem Vorbild dieser UY-227 brachte Philips die indirekt geheizte F215 mit ebenfalls 2,5V Heizspannung heraus. Bei Valvo erschien sie als A2200W.

Andere Hersteller in Europa folgten jedoch nicht dieser amerikanischen 2,5V- Heizspannungsnorm und führten ihre neuen indirekt geheizten Röhren weiterhin mit 4 V Heizspannung aus, wie schon zuvor bei Röhren für Batteriebetrieb, so auch Telefunken.
Nach der F215 ging auch Philips zur 4V- Norm über.

Im Jahr 1927 brachte Telefunken die erste serienmäßige indirekt geheizte Triode REN1104k heraus, zunächst mit dem normalen 4-Stift- Sockel B4, wobei die Katode an einer Seitenschraube angeschlossen wurde.

Begannen bisher die Bezeichnungen der direkt geheizten Telefunken – Röhren mit der Buchstabenfolge „RE“ für „Röhre – Empfang“, so war das neu hinzu gekommene „N“ ein Hinweis auf eine für Netzbetrieb geeignete Röhre, - also eine Röhre mit indirekter Heizung.

Als Heizspannung wird 3,5 – 4V oder 3,8 – 4V empfohlen, wie schon zuvor für Batterieröhren. Hiermit wurde für die nächsten Jahre die Heizspannung 4V als Norm für indirekt geheizte Röhren gesetzt, bzw. für Röhren, die mit Wechselspannung geheizt werden.

Es gab auch noch eine REN1104w, auch mit 4-Stift- Sockel, aber mit 2 Seitenschrauben für den Heizfaden zum Nachrüsten vorhandener Geräte mit Batterie- Röhren.

Das Bild (links) wurde der Festschrift „25 Jahre Telefunken“ entnommen.
Es scheint sich um ein universal- Musterbild oder Musterröhre zu handeln, wobei keine Details des Systemaufbaus zu erkennen sind.
Dieser hatte sich aber wohl kaum von der 5-Stift- Version (folgendes Bild) unterschieden.

 

1928 erschien die REN1104 mit dem 5-Stift- Sockel B5, mit der Katode auf dem Mittelstift.

Die REN1104 ist universell für HF-, ZF- und NF-Stufen einsetzbar, in Audionstufen ist sie direkt geheizten Röhren deutlich überlegen.

Sie hat einen relativ niederen Verstärkungsfaktor µ von nur 10, aber auch einen niederen Innenwiderstand von nur 7 kΩ, so dass man sie  vorzugsweise mit Transformatorkopplung betreibt, wobei die Spannung hochtransformiert wird. Steilheit = 1,5 mA/V.

Sie kann auch als Endröhre mit 0,22 W Sprechleistung betrieben werden, was jedoch gegenüber deutlich billigeren direkt geheizten Endtrioden ähnlicher Leistung wohl kaum in Frage kam.

Im Jahr 1927 kostete die REN1104k RM 19,-, während die direkt geheizte Endtriode RE134, welche mit 0,65 W die rund 3-fache Sprechleistung brachte, nur RM 10,50 kostete.

Äquivalent / ähnlich : Philips E409, Valvo L4100 .

 

 

 

 

 

 

Im gleichen Jahr erschienen die REN804 mit Verstärkungsfaktor µ = 17, Steilheit 2,3 mA/V, vorgesehen als Audionröhre mit Transformatorkopplung,

(Äquivalent / ähnlich : Philips E415, Valvo A4100).

 

sowie die REN1004 mit Verstärkungsfaktor µ = 33, Steilheit 1,5 mA/V, vorgesehen als Widerstandsverstärker.

Äquivalent / ähnlich : Philips E438, Valvo W4100 .

Die Systemaufbauten der Röhren REN804, REN1004 und REN1104 sind praktisch gleich, nur die Steigung der Gitterwindungen ist unterschiedlich.

Die Gitterwindungen werden nur von einem einzelnen Stab gehalten.

In dem Katodenröhrchen befindet sich ein Keramikkörper, der zwei dünne Bohrungen enthält, durch die der Heizfaden haarnadelförmig hindurchläuft. Dadurch befinden sich beide Heizfadenenden auf einer Seite. Durch den hin- und zurück laufenden Heizfaden wird dessen vom Heizstrom erzeugte Magnetfeld größtenteils aufgehoben.

Das Katodenröhrchen wird oben nur durch das Anschlussband gehalten und unten nur durch die Heizfaden- Anschlüsse, d. h. die Enden des Heizfadens tragen das Katodenröhrchen !

 

 

Direkt geheizt : RE...

Indirekt geheizt : REN...

Die Sockelschaltung blieb wie zuvor, mit dem Gitteranschluss zwischen den beiden Heizfaden- Stiften, nur der Mittelstift mit dem nun separaten Katodenanschluss kam hinzu.
Solange bisher Röhren mit Gleichspannung aus einer Batterie geheizt wurden, war dies kein Problem.

Da die neuen indirekt geheizten Röhren nun mit 4 V Wechselspannung geheizt wurden, war die Gefahr sehr groß, dass diese Heiz- Wechselspannung auf das Gitter kopplete und Brummstörungen verursacht. Daher wurde die Symmetrierung der Heizspannung dringend erforderlich, was durch ein „Entbrummer“ - Potentiometer oder Heizwicklungs- Mittelabgriff realisiert wurde.

Die Anordnung des Gitteranschlusses zwischen den Heizspannung führenden Stiften und Drähten innerhalb der Röhre blieben immer ein Problem, besonders wenn das Steuergitter hochohmig aufgehängt war, z. B. bei einer Gitter-Audion- Schaltung.

Erstmals mit der Einführung des 7-Stift- „Hexoden“- Sockels C7A und danach mit den Außenkontaktsockeln kam man von dieser ungünstigen Anordnung ab und man verlegte den Steuergitter-Anschluss auf eine Gitterkappe auf dem Gipfel der Röhre. Diese Praxis wurde bei amerikanischen Röhren schon Jahre zuvor angewandt.

 

September 1927: B443 - die erste serienmäßige Endpentode der Welt !

Neben den indirekt geheizten Röhren fand mit der Einführung der B443 von Philips im September 1927, als erste serienmäßige Endpentode der Welt, ein weiterer epochaler Fortschritt der Röhrenentwicklung statt.

Mit Mehrgitter- Röhren wurde schon Jahre zuvor experimentiert, aber erst jetzt war man in der Lage, solche Röhren mit zuverlässigen Daten serienmäßig herzustellen.

Sie erreicht unter den gleichen Bedingungen als eine Triode gleicher Leistung eine mehr als doppelte Ausgangsleistung bei geringerer Steuerspannung.

Ursprünglich war die maximale Anodenspannung auf 150 V festgelegt, später wurde diese auf 250 V erhöht. Dabei konnte eine Ausgangsleistung von 1,35 W erreicht werden.

Die B443 ist (noch) direkt geheizt und war ursprünglich für Batteriebetrieb vorgesehen, aber, da Endröhre, war auch ein Betrieb mit Heiz- Wechselspannung möglich.

Die B443 hat die Verdrängung der Endtrioden durch Mehrgitter-Endröhren eingeleitet. Sie erschien jedoch nicht in Deutschland, die entsprechende Valvo- Type L415D erschien erst im Juli 1928, die entsprechende Telefunkenröhre RES174d sogar erst im August 1931 !

 

B443 – Urversion mit Schirmgitter an Seitenschraube

September 1927: Zweiweggleichrichterröhre RGN1503 (Philips 1201, Valvo G1503)

Uf 2,5 Volt / If 1,5 Ampere; Ua 2 * 300 Veff, 75 mA.

Um Rundfunkempfänger am Wechselstromnetz betreiben zu können, benötigte man außer Röhren, die mit Wechselstrom geheizt werden können, auch Gleichrichterröhren, die aus der Wechselspannung die notwendige Anoden- Gleichspannung liefern.

Gelegentlich wurden hierzu auch Endtrioden als Gleichrichterröhre missbraucht, indem das Gitter mit der Anode verbunden wurde.

Im September 1927 erschien jedoch gerade rechtzeitig die Zweiweggleichrichterröhre RGN1503, die mit 75 mA an 2 * 300 Veff schon recht leistungsfähig war.

Zur Wahl der ungewöhnlichen Heizspannung 2,5 V für Rundfunk – Gleichrichterröhren gibt es keine Begründung und war weltweit einmalig. Es gab zwar amerikanische Röhren mit 2,5 V Heizspannung, aber keine Gleichrichterröhren, diese waren überwiegend für 5 V Heizspannung.

Die Heizspannung 2,5 V setzte sich allgemein nicht durch und so erschien noch im Jahr 1927 eine RGN1504 mit Heizspannung Uf 4 Volt und Heizstrom ebenfalls If 1,5 Ampere, die jedoch kam verwendet wurde.

Im Jahr 1929 erschien die RGN1054, womit für lange Zeit 4 V als Heizspannung auch für Gleichrichterröhren europäischer Entwicklung festgelegt wurde.

Juli 1928: RENS1204 - die erste indirekt geheizte Schirmgitter- HF- Tetrode

Äquivalent / ähnlich : Philips E442S, Valvo H4080D .

Bei Trioden wirkt die Anodenspannung der Gitter- Steuerspannung entgegen, wodurch die Verstärkung herabgesetzt wird.
Die Kapazitäten zwischen den Elektroden untereinander, insbesondere die Kapazität zwischen Gitter und Anode sind bei höheren Frequenzen sehr nachteilig.

Solange es nur Trioden gab, war die Verstärkung von Hochfrequenz problematisch, so, dass man dies gerne vermied.
In Empfängerschaltungen folgte auf den Eingangskreis meistens eine als Empfangsgleichrichter (Audion) geschaltete Röhre, so dass nachfolgend nur noch Niederfrequenz verstärkt werden musste.

Dies änderte sich dramatisch durch die Einführung von Schirmgitter- Tetroden wie die RENS1204. Damit wurde problemlose HF- Verstärkung nicht nur überhaupt erst möglich, sondern sogleich mit einem bisher unerreichten Verstärkungsfaktor.

Zwei- oder Mehrkreis- Empfänger mit einer RENS1204 als HF- Vorstufe, oft gefolgt von einer Audion- und weiteren Stufen, waren weit verbreitet.

Schirmgitter- Tetroden standen am Anfang der Weiterentwicklung der Mehrgitterröhren, durch welche die Röhren- Empfängertechnik sich zur Vollkommenheit entwickelte.

Da kurz zuvor gerade erst die Lautsprecher- Endpentoden herauskamen, fragt man sich, warum zur HF- Verstärkung zunächst nur Tetroden und keine HF- Pentoden erschienen ?

Eine offizielle Antwort wurde bisher nicht gefunden.

Es ist vielleicht so zu erklären, dass die Schirmgitter- Tetroden zur HF- Verstärkung nahezu unendlich viel besser als Trioden waren und man damit zunächst mehr als zufrieden war. Ein hoher Anoden- Außsteuerbereich, wie er für Endröhren notwendig ist, war hier nicht erforderlich.

 

 Ältere RENS1204

neuere RENS1204

Wegen der hohen Verstärkung wurde die Anode oben an einer Schraubkappe herausgeführt, um möglichst gut vom Steuergitter entkoppelt zu sein.

Dieses lag immer noch unten am Sockel zwischen den beiden Heizfaden- Stiften, wodurch Brummstörungen durch die 4 V Heiz- Wechselspannung nicht völlig ausgeschlossen werden konnten.


Zur schon bekannten Buchstabenfolge „REN“ kam nun noch ein „S“ für Schirmgitter hinzu.
RENS“ bedeutet „Röhre für Empfang, für Netzbetrieb, mit Schirmgitter“. Dieses „RENS“ wurde auch unverändert für die späteren Pentoden und Hexoden beibehalten.

 

 

RE604

Endtriode, ; 250 V, 40 mA, Ra 3,5 kΩ, -45 V, 1,7 W, µ 3,5; Uf 4 V / If 0,65 A;
(entspricht Philips D404, Valvo LK460).

Sep.1928

Im Funk Bastler 1928, Heft 41, wurden von der RE604 nur Kurven gezeigt, ohne weitere Informationen. Allerdings erschienen nachweislich schon 1927 Geräte, die mit der RE604 bestückt sind.

Zwar kam schon ein Jahr zuvor mit der B443 von Philips die erste serienmäßige Endpentode heraus, das bedeutete aber nicht, dass man nun sofort die Produktion von Endtrioden beendete und von da an nur noch Endpentoden hergestellt wurden.

Da man nun statt teurem Batteriestrom nun kostengünstig auch die Anodenspannung mit reichlich Anodenstrom aus dem Lichtnetz beziehen konnte, erschien mit der RE604 eine Endtriode, welche in der Leistung alle bisher üblichen Rundfunk- Endtrioden deutlich übertraf, - aber auch im Bedarf an Anodenstrom !

Unabhängig von Rundfunkröhren erschienen jedoch für Beschallungsanlagen auch Hochleistungs- Endtrioden, die mit hohen Anodenspannungen im Bereich 400 – 800 V arbeiteten, wie RV218, RV239 und RV258.

Die RE604 brachte jedoch schon bei niedrigen Anodenspannungen eine relativ hohe Leistung.

Anfängliche Datenangaben machten Vorschläge zum Betrieb mit nur 100 oder 150 V und nannten sogar 200 V als maximale Anodenspannung ! -

Hier stand wohl noch eine Denkweise aus dem Batterie – Zeitalter im Hintergrund ! Anodenbatterieen waren teuer, eine 120 V- Batterie galt schon als Luxus, 150 V aus Anodenbatterieen zu erzeugen war schon Utopie !

Nach einiger Zeit realisierte man, dass die Einschränkungen des Batteriebetriebs nicht mehr bestanden und die nun mühelos erreichbare Anodenspannung 250 V etablierte sich als Standard.

Daher wurden für die RE604 die Anodenspannung 250 V, mit Arbeitspunkt- Anodenstrom 40 mA, bei -45 V negativer Gittervorspannung und dabei 1,7 W Sprechleistung als normale Betriebsdaten festgelegt. - Für die damalige Zeit war dies eine beachtliche Leistung !

 

Betrieb der RE604

Als Versorgungsspannung reichten jedoch die 250 V nicht aus, um die RE604 betreiben zu können !

Die RE604 benötigt eine negative Gittervorspannung -45 V, die normalerweise von einem 1125 Ω Katodenwiderstand erzeugt wurde, mangels anderer Möglichkeiten.

Daher waren als Betriebs- Anodenspannung schon 250 + 45 = 295 V notwendig.
Rechnet man noch 25 V Spannungsabfall im Ausgangsübertrager hinzu, kommt man auf eine Gesamt-Betriebsspannung von 320 V !

 Im Katodenwiderstand wird eine Leistung von 45 V * 0,04 A = 1,8 W umgesetzt, die einen Totalverlust darstellt und die sogar höher als die Ausgangsleistung 1,7 W ist ! Eine gewisse Nutzung wäre gegeben, wenn der Katodenwiderstand noch zugleich als Sieb- Widerstand verwendet werden würde, (so wie der 700 Ω- Widerstand im VE301).

Eine andere Möglichkeit wäre, die negative Gittervorspannung von der Feldwicklung eines elektrodynamischen Lautsprechers zu beziehen. Unglücklicher Weise hatte man aber damals noch nicht die Idee, die Feldwicklung in Reihe zur Anodenspannung zu schalten, sondern man schaltete sie parallel zur 250 V Anodenspannung !

Leistung der RE604

Die Endtriode RE604 erreicht bei 250 V Anodenspannung und 40 mA Anodenstrom eine Ausgangsleistung von 1,7 W.
250 V * 40 mA entsprechen 10 W Anodenleistung, die Ausgangsleistung 1,7 W entsprechen dann zufällig einem Wirkungsgrad von genau 17 %.

 

Endtrioden versus Endpentoden

Einige Jahre später erschien die Endpentode AL4.
Diese erreicht bei 250 V Anodenspannung und 36 mA Anodenstrom eine Ausgangsleistung von 4,3 W.

Fairerweise muss man noch 5 mA Schirmgitterstrom hinzurechnen, so dass der gesamt- Anodenstrom 36 + 5 = 41 mA beträgt.
Daraus ergibt sich eine Anoden- Eingangsleistung von 250 V * 41 mA = 10,25 W, also nur minimal mehr als bei der RE604.

Mit der hierbei erreichten Ausgangsleistung 4,3 W ergibt sich ein Wirkungsgrad von 42 %.

Der Wirkungsgrad der Endpentode AL4 ist also 2,47-fach höher als der der Endtriode RE604 !

Daraus wird klar ersichtlich, warum Endpentoden die Endtrioden verdrängten !

Die zusätzlichen Verluste durch den Katodenwiderstand, die besonders bei der RE604 beachtlich sind, wurden hierbei nicht berücksichtigt !

 

Endröhren - Ausgangsleistung bei Eintakt - A - Betrieb

Ton- Signale, also Sprache und Musik, sind elektrisch dargestellt, ein Gemisch niederfrequenter Wechselspannungen.
Röhren sind jedoch nur in einer Richtung steuerbar und können daher Wechselspannungen als solche nicht auf direktem Weg verstärken.

Ein Ausweg ist möglich mit 2 Röhren im Gegentakt- Betrieb, was aber wegen dem hohen Aufwand nur für höhere Leistungungen in Frage kommt.

Der Betrieb mit nur einer Röhre wird erreicht, indem ihr Aussteuerbereich im Ruhezustand auf die Mitte des Bereichs festgelegt wird, genannt Eintakt - A - Betrieb.
Kann eine Endröhre in einer bestimmten Schaltung einen maximalen Anodenstrom von 100 mA erreichen, wird ein Ruhestrom von 50 mA eingestellt.

Bei Ansteuerung mit Wechselspannung steuern positive Halbwellen den Anodenstrom von 50 mA nach (theoretisch) 100 mA aus, negative Halbwellen steuern den Anodenstrom von 50 mA nach (theoretisch) 0 mA aus.

Eine Endröhre wird sehr wahrscheinlich auf einen Ausgangsübertrager arbeiten, der wiederum einen Lautsprecher antreibt.
Die Stromschwankungen, die durch die Aussteuerung der Röhre entstehen, verursachen analoge Spannungsschwankungen auf dem Ausgangsübertrager.
Angenommen wäre eine Anodenspannung von 250 V und ein Arbeitspunkt- Ruhestrom von 50 mA.

Wäre eine Röhre ein idealer Analogschalter, so könnte sie bei einer positiven Halbwelle die gesamte Anodenspannung, z. B. 250 V, auf den Ausgangsübertrager durchschalten, wobei nach obigem Beispiel ein Spitzenstrom von 100 mA fließen würde.
Bei einer negativen Halbwelle könnte sie voll sperren und der Anodenstrom ginge auf 0 mA zurück.

Nun sind Röhren leider keine idealen Analogschalter, Endtrioden sind davon sehr weit entfernt, Endpentoden jedoch schon deutlich weniger.

Kennlinien - Vergleiche

Dies soll am Vergleich der Endtriode RE604 (vom Jahr 1928) mit der Endpentode AL4 (von 1936) dargestellt werden, beide im Betrieb an 250 V Anodenspannung.
Dieser Vergleich ist deshalb so günstig, weil die Endtriode RE604 mit einem Arbeitspunkt- Ruhestrom von 40 mA betreiben wird und dabei eine Ausgangsleistung von 1,7 W erreicht.

Die Endpentode AL4 arbeitet mit einem Arbeitspunkt- Ruhestrom von 36 mA (also 90 % von 40 mA) und erreicht dabei eine Ausgangsleistung von 4,3 W.
(Um ganz ehrlich zu sein, benötigt die AL4 noch zusätzlich 5 mA Schirmgitterstrom, also brutto 41 mA.)

Festgelegt wird diese Ausgangsleistung bei jeweils 10 % Verzerrung (Klirrfaktor), da bei Eintakt - A - Betrieb die Verzerrungen bei Vollaussteuerung stark zunehmen.

Wie kommt nun dieser große Leistungsunterschied zustande, indem die AL4 bei nur 90 % des Anodenstroms der RE604 sogleich 2,56 mal mehr Leistung erbringt ? (4,3 / 1,7 = 2,56 = 256 % !).
(Rechnet man noch den Schirmgitterstrom der AL4 hinzu, - siehe oben, - ist der Wirkungsgrad der Endpentode AL4 „nur noch“ 2,47-fach höher als der der Endtriode RE604 !)

Die Höhe der Ausgangsleistung einer Endröhre im Eintakt - A – Betrieb wird bestimmt durch den Spannungshub (Spannungsschwingung) multipliziert dem Stromhub, also ΔUa1+2 * Δia1+2, wie auf folgenden Kennlinien dargestellt wird.

Am wichtigsten ist der Arbeitsbereich ΔUa1 * ΔIa1, da hier der maximale Strom bei minimaler Anodenspannung erreicht wird. Es ist der Bereich, in dem die Röhre ihre maximal- und Spitzenleistung erbringen muss, der daher auch Leistungsdreieck genannt wird.

Zum gesamten Arbeitsbereich gehört natürlich auch noch ΔUa2 * ΔIa2, der Bereich von der Arbeitspunkt-Mitte hin zum Punkt des minimalen Stroms bei zugleich maximaler Anodenspannung über der Röhre. Es ist der Bereich in Richtung Sperrung, wo die Röhre am wenigsten zu leisten hat, gewissermaßen die Ruhephase. Zum Leistungsvergleich von Röhren untereinander ist dieser Bereich unwichtig, da sperren natürlich jede Röhre kann, auch die schwächste.

Daher genügt zum Leistungsvergleich zwischen der RE604 und der AL4 nur der Arbeitsbereich ΔUa1 * ΔIa1.

Maßgeblich für die maximale Ausgangsleistung ist die Änderung von der Arbeitspunkt-Mitte hin zum Punkt des maximalen Stroms bei zugleich minimaler Anodenspannung über der Röhre.

Je tiefer eine Röhre die Anodenspannung nach unten ziehen kann, um so höher ist der Anteil der Anodenspannung, die auf den Ausgangsübertrager getrieben wird, analog hierzu der Anodenstrom und somit die Ausgangsleistung.

Röhren werden normal nur im Bereich negativer Steuergitter- Spannung betreiben. Die Steuerung der Röhre erfolgt dadurch stromlos und unbelastet.

Die Gitterspannung 0 V stellt daher die Obergrenze dar, da darüber hinaus Gitterstrom zu fließen beginnt, der das Signal belastet und dadurch Verzerrungen verursacht. (Dies stimmt zwar nicht ganz genau, spielt aber hier in der Vergleichsbetrachtung keine Rolle).

Bei der Gitterspannung 0 V wird daher der maximale Anodenstrom bei minimaler Anodenspannung erreicht.

Im obigen Kennlinienbild der RE604 kann man zunächst den Ruhe- Arbeitspunkt bei 250 V, 40 mA, erkennen, der sich bei der Gitterspannung -45 V ergibt.

Wird nun die RE604 von Gitterspannung -45 V nach Gitterspannung 0 V ausgesteuert,
ändert sich der Anodenstrom von Ia1 = 40 mA nach 62,5 mA, der Stromhub Δ Ia1 ist daher 22,5 mA .

Die Anodenspannung ändert sich dabei von Ua1 = 250 V nach 108V, der Spannungshub Δ Ua1 ist daher 142 V.

Errechnet man daraus eine Leistung, erhält man : Δ Ua1 * Δ Ia1 = 142 V * 22,5 mA = 3,195 W.
Dies entspricht nicht der tatsächlichen Sprechleistung und dient nur zum Vergleich mit anderen Röhren, in diesen Fall mit der AL4.

Im Kennlinienbild der AL4 (unten) kann man den Ruhe- Arbeitspunkt bei 250 V, 36 mA, erkennen, der sich bei der Gitterspannung -6 V ergibt.

Wird nun die AL4 von Gitterspannung -6 V nach Gitterspannung 0 V ausgesteuert,
ändert sich der Anodenstrom von Ia1 = 36 mA nach 68 mA, der Stromhub Δ Ia1 ist daher 32 mA .

Die Anodenspannung ändert sich dabei von Ua1 = 250 V nach 28 V, der Spannungshub Δ Ua1 ist daher 222 V.

Errechnet man daraus eine Leistung, erhält man : Δ Ua1 * Δ Ia1 = 222 V * 32 mA = 7,104 W.
Vergleicht man diese Leistung mit der der RE604, errechnet sich nach 7,104 W / 3,195 W, erkennt man, dass auch hier die Vergleichsleistung der AL4 2,22 fach über der RE604 liegt.

Interessant ist nebenbei auch der Vergleich der jeweiligen Gitterspannung vom Ruhe- Arbeitspunkt zum maximal- Arbeitspunkt.
Hierzu benötigt die RE604 einen Spannungshub von 45 V, die AL4 jedoch nur 6 V. Die RE604 benötigt in diesem Fall 45/6 = den 9 fachen Gitterspannungshub der AL4 !