Umrüstung von Gleichstromradios auf Wechselstrombetrieb

Veröffentlicht in Radiotechnik

In dem Artikel „Mende 215G – "WN" - Vom reinen Gleichstromradio zum reinen Wechselstromradio“ wird beschrieben, wie dieses Gerät sehr verlustarm auf Wechselstrombetrieb umgerüstet wurde, wozu aber vertiefte Fachkenntnisse erforderlich sind.

Für den durchschnittlichen Radio- Restaurator ist jedoch eine leichter auszuführende Lösung erwünscht. Mit einer Einfachlösung mit "Diode im Netzstecker" ist es nicht getan, ein wenig mehr ist schon notwendig.

Einer der einfachsten und zugleich weit verbreitetsten Gleichstromempfänger ist der VE301G, dessen Umrüstung auf Wechselstrombetrieb hier beschrieben wird.

Die Schaltung des VE301G ist absolut minimalistisch, noch weniger ist kaum möglich. Der Netzspannungs + (Plus) führt direkt zu den Anzapfungen des Heizkreis- Vorwiderstandes R2 – R3 – R4 wie auch über eine Anodendrossel L3 zur Anodenspannung, die nur mit C3 = 4 µF geglättet wird. Ein weiterer Kondensator liegt über der Röhrenheizung, der mit nur 4 µF eher als Entstörkondensator wirkt.

 

Das Bild oben zeigt die alte Schaltung. Die durchgestrichenen Bauteile und Verbindungen sind zu entfernen, der 0,1 µF- Kondensator zum Antennenkreis ist durch einen 1 nF 250 V~ Kondensator zu ersetzen.

In der gesamten Elektrobranche gilt es schon lange als Todsünde, einen Verbraucher über den Null- bzw. Minus-Leiter zu schalten, also über den Leiter zu schalten, der geerdet ist, bzw. keine Spannung gegen Erde führt. Wer in einer Prüfungsarbeit eine Anlage baut oder plant, in welcher der Null-Leiter geschaltet wird, kann mit Nichtbestehen oder mindestens mit starkem Punktabzug rechnen !

Schaltet man einen Verbraucher über den Null-Leiter, stehen im ausgeschalteten Zustand rückwärts über den Verbraucher selbst alle mit der Schaltung verbundenen Leiter unter Spannung, bei Radios also auch das Chassis !

Ein Sicherheitsbewusstsein schien den Rundfunkingenieuren der 1930er Jahre völlig unbekannt gewesen zu sein, denn diese hatten keinerlei Bedenken, bei Gleichstrom- und Allstrom- Empfängern den Netzschalter zwischen Netz- Minus- bzw. Null- Seite und Geräte- Minus = Masse zu legen. Dies geschah sowohl beim VE301G wie auch bei anderen Gleichstromempfängern.

Daher wird in der neuen Schaltung der Netzschalter S1 auf die „heiße“ Seite, also in den L- Leiter gelegt, damit das Gerät im ausgeschalteten Zustand spannungslos ist. Der Netz- N-Leiter wird direkt auf Masse geführt.

Wie bei einem Allstomradio bildet ein Leiter der Netzspannung den Minuspol der Anodenspannung, der, wie üblich auf Masse, also auf dem Chassis liegt. Daher muss dringend beachtet werden, dass für das Masse-Potential der Netz- N-Leiter verwendet wird, der keine Spannung gegen Erde führt (N = Neutral).

Stecker und Steckdosen müssen eindeutig markiert werden, um eine Verwechslung zu vermeiden, oder es muss ein Steckersystem angewendet werden, bei dem eine Verpolung nicht möglich ist, z. B. das schweizerische oder französische System.

Der Erbauer der neuen Schaltung muss diese Anleitung verstehen und fehlerfrei ausführen können. Beim späteren Betrieb muss beachtet werden, dass das Gerät nicht potentialfrei ist. Über die Gefahren im Umgang mit nicht potentialfreien Allstomradios muss sich der Nutzer aus anderen Quellen informieren.

Sollte ein Trenntransformator vorgeschaltet werden, muss dieser wegen der Einweggleichrichtung mindestens 120 VA haben.

 

Das untere Bild zeigt die neue Schaltung. Die schon im original VE bestehenden Bauteile sind eingerahmt, alle anderen Bauteile sind neu.

Im Prinzip arbeitet das Radio wie ein Allstomradio, nur dass im Unterschied zu diesem, hier außer der Anodenspannung auch die Heizspannung gleichgerichtet wird.

Es hat sich als zweckmäßig erwiesen, die Gleichrichtung für beide Kreise getrennt auszuführen.

Heizkreis:

die Netzspannung wird über die Diode D1 einweg-gleichgerichtet. Diese ist mit den Anti- Brumm- Kondensatoren C5 und C6 zur HF- Überbrückung beschaltet.

Der bisherige Heizkreis- Vorwiderstand mit den Abgriffen für 220, 150 und 110 V wurde beibehalten. Eingespeist wird auf den 220 V- Abgriff.

Da aber der Strom nur während eines Bruchteils einer Periode fließt, reicht der Teilwiderstand R2 (zwischen dem 220 und 150V- Abgriff) nicht mehr aus, um den erforderlichen Heiz- Gleichstrom von 180 mA aufzubringen. Daher muss zu diesem ein zusätzlicher Widerstand R1 mit 475 Ω 12 W parallel geschaltet werden.

Da es praktisch unmöglich ist, diesen Vorwiderstand im Voraus genau zu berechnen, muss dieser veränderbar sein, da mit diesem der Heizstrom auf genau 180 mA eingestellt wird.

Der Heizstrom muss dabei unterhalb des 110 V- Abgriffs gemessen werden, also zwischen R4, V1 oder V2. Die 180 mA sollten möglichst genau eingehalten werden. Die Netzspannung sollte dabei ihren Durchschnittswert haben.

Geeignet wäre für R1 ein Hochlast- Widerstand 500 Ω, 15 – 20 W mit Abgreifschelle, oder ein Festwiderstand 400...470 Ω ≥ 12 W in Reihe mit einem veränderbaren Widerstand 100 Ω 3W. Je nach Toleranz könnte im Glücksfall ein 470 Ω Festwiderstand genau passen.

An den beiden Abgriffen für 150 und 110 V befinden sich die Lade- und Glättungs- Elektrolyt-Kondensatoren C1 und C2 mit je 220 µF 350 V. Man kann C2 auch weg lassen, wenn das Gerät ohne diesen genügend brummfrei spielt, C1 kann hierbei auch auf 470 µF erhöht werden.

Abgesehen von dem parallel- Widerstand R1 mit 475 Ω ist der Aufwand für die Gleichrichtung der Heizspannung nicht übermäßig groß, wie man sieht. Die Diode D1 und ein oder zwei Elkos 220 µF 350 V sind preisgünstige Massenware. Ggf. könnte man hier einen Mehrfach- Kombi- Elko verwenden.

Heizkreis – Unterbrechung unbedingt vermeiden !

Solange das Gerät in Betrieb ist, sollte man unbedingt eine Unterbrechung des Heizkreises vermeiden, z. B. indem eine Röhre gezogen wird. Die Verdrahtung muss völlig einwandfrei sein, Wackelkontakt ist dringend zu vermeiden ! Dies ist auch ganz besonders beim Abgleichen des Heizstroms zu beachten, wackelige Verbindungen müssen dringend vermieden werden !

Geschieht dies doch, dann werden die Elkos auf den Spitzenwert der Netzspannung aufgeladen, also auf 230V * 1,414 = 325 V (!!!), die dann auf dem 110 V- Abgriff anstehen.

Wird dann der Heizkreis wieder geschlossen, wirkt diese hohe Spannung auf die Heizfäden ! Der Strom wird dabei nur durch den Teilwiderstand R4 = 389 Ω begrenzt, wodurch vielleicht noch eine kleine Überlebenschance für die Röhren besteht. Aus diesem Grund wurde auch auf einen Glättungskondensator hinter R4 verzichtet, obwohl es an dieser Stelle besser wäre als am 110 V- Abgriff.

Sollte also das Gerät versehentlich bei offenem Heizkreis eingeschaltet werden, so müssen zuerst die Elkos entladen werden, z. B. durch Überbrücken von R4 nach Masse, bevor das Gerät wieder mit Röhren in Betrieb gesetzt wird !

 

Anodenkreis:

dieser ist völlig unspektakulär. Hinter der Diode D2 folgt der Strombegrenzungs- Widerstand R5 mit 820 Ω 2 W, so dass über dem Elko C3 etwa 220 V Gleichspannung anstehen. Die bestehende Anodendrossel (L3) wird weiter verwendet, davor und dahinter sind die Glättungskondensatoren C3 & C4 mit je 10...22 µF statt zuvor 4 µF (C4).

 

So sieht der Strom durch die Diode D1 aus: schmale, aber steile Impulse mit 800 mA Spitzenwert, dazwischen aber große Lücken, wo kein Strom fließt!
Nach der Glättung werden daraus 180 mA kontinuierlicher Gleichstrom !