Stahlröhren in Deutschland ab 1939

Veröffentlicht in Octal- und Stahlröhren (6K7, ECH11)

Neuerscheinungen und Ergänzungen 1939:

ECL11 23.Jul.1939 : Funkschau 1939 #30

Triode+Endtetrode .

Aufbauend auf die Entwicklung der Triode-Endtetrode VCL11 entstand die ECL11, ebenfalls eine Triode+Endtetrode, wobei die Endstufe Daten- und Leistungsgleich zur EL11 wurde. Mit dieser Kombination einer Vorstufen- Triode mit einer leistungsfähigen Endtetrode war nun das gesamte NF-Teil in einer Röhre untergebracht.

Auf eine separate NF- Vorstufenröhre, z. B. eine EF12, oder auf die EFM11, die neben der Abstimmanzeige auch die NF-Vorverstärkung liefert, konnte nun verzichtet werden.

Ein Superhet-Röhrensatz konnte nun bestehen aus ECH11, EBF11, ECL11 und AZ11, wodurch eine Röhre eingespart wurde. Dieser Röhrensatz war im Bereich kompakter bis mittelgroßen Radios sehr beliebt.

 

EF14

Steile Universal- Pentode 7 mA/V, Uf 6,3 Volt / If 0,47 Ampere. Vorgesehen für Breitband- Verstärkung, z. B. in der sich gerade etablierenden Fernsehtechnik, wie auch für Antennenverstärker, usw.

EM11 Zweibereichs-Anzeigeröhre mit 4 Leuchtwinkeln. 23.Jul.1939 : Funkschau 1939 #30
Die im Vorjahr erschienene EFM11 als Verbundröhre zur Abstimmanzeige und zugleich NF- Vorverstärkung erfreute sich nicht großer Beliebtheit.
Mit der Einführung der ECL11 war dann auch die EFM11 als NF- Vorstufe überflüssig.

Dadurch war der Weg frei für eine Anzeigeröhre (Magisches Auge), die ausschließlich nur der Abstimmanzeige dient, die dies jedoch besser als bisher kann.
Nachdem in Frankreich schon im Februar 1939 von Mazda die 6AF7G, ein Magisches Auge mit zwei Anzeigebereichen und 4 Schattenwinkeln vorgestellt wurde, brachte Telefunken für Deutschland im Juli 1939 die EM11 in gleicher Technik heraus.

Bisher hatten Magische Augen nur einen Anzeigebereich, auch wenn sie mehrere Schattenwinkel hatten. Amerikanische Magische Augen haben nur meist nur einen Schattenwinkel, die AM2 und die EFM11 haben 2 und die EM1 hat sogar 4 Schattenwinkel.

Alle diese Abstimmanzeigeröhren haben den Mangel, den gesamten Feldstärkebereich von ganz schwachen bis ganz starken Signalen nicht eindeutig anzeigen zu können. Führt man ihnen die volle Diodenspannung zu, sind sie schon bei mittleren Signalen voll ausgesteuert und starke Signale ergaben keine weitere Anzeigeänderung mehr. Vermindert man die Steuerspannung in dem Sinn, dass nur bei stärksten Signalen Vollausschlag erzielt wird, ist bei schwächeren Signale kaum noch ein Ausschlag zu erkennen.

Die Lösung dieses Problems wurde mit der Konstruktion von Zweibereichs- Magischen Augen erreicht, wozu auch die EM11 zählt. Im Gegensatz zur EM1, deren vier Ablenkstege alle parallel die gleiche Auslenkung verursachen, sind die vier Ablenkstege der EM11 auf zwei Bereiche unterschiedlicher Ablenkempfindlichkeit aufgeteilt.

Hierzu befindet sich unter dem Leuchtschirm ein Verstärkersystem, das mit dem Leuchtschirm eine gemeinsame Katode, ein Gitter mit unterschiedlicher Steigung und zwei getrennte Anodenbleche hat. Diese beiden Anoden bilden mit den unterschiedlichen Gitterwindungen zwei Triodensysteme mit unterschiedlicher Verstärkung und sind mit je einem Paar um 90° versetzten Ablenkstegen verbunden, woraus sich 4 Schattenwinkel ergeben.

Das empfindliche System ermöglicht nun auf 2 Schattenwinkeln die Anzeige schwacher Signale, wobei das andere fast keinen Ausschlag anzeigt, während umgekehrt das unempfindliche System bei starken Signalen auf den beiden anderen Schattenwinkeln noch eindeutige Ausschlagsänderungen zeigt, wenn das vorherige schon voll ausgesteuert ist.

Etwa zeitgleich zur EM11 brachte Philips mit der EM4 ebenfalls ein Magisches Auge mit zwei Anzeigebereichen heraus, jedoch mit nur zwei Schattenwinkeln.
Wegen dem Stahlröhrensockel ist die EM11 mit 36,5 mm Durchmesser jedoch immer noch so „fett“ wie ihre Vorgängertype EFM11, da gegen ist die EM4 nur 26,5 mm schlank.

 

Vergleich: EFM11: Ø 36,5 mm,  EM4 : 26,5 mm, EM11: 36,5 mm

Fette Magische Augen

Wie schon erwähnt, waren alle Röhren dieser Serie mit dem neuen Stahlröhrensockel Y8A ausgestattet. Wegen dessen Stiftkreisdurchmesser 28 mm mussten auch Glasröhren einen Sockel von 35 mm Ø haben. Für die großen End- und Gleichrichterröhren passte das, sie hatten schon zuvor diese Sockelgröße.

Für Magische Augen, die ja eigentlich Vorstufenröhren sind, stellte dies jedoch ein Problem dar. Obwohl für sie ein schlankerer Kolben genügen würde, mussten die EFM11 und die spätere EM11 mit einem Kolben von 36 mm Durchmesser ausgestattet werden, um in den Sockel zu passen.

Die Konstrukteure der Radios mussten zusehen, wie sie diese fetten Teile unterbringen. Während außerhalb von Deutschland die schlanken Typen EM1 und EM4 mit 27 mm Durchmesser gebräuchlich waren, mussten sich in Deutschland die Konstrukteure mit dem abfinden, was Telefunken bot, Alternativen gab es keine.

 

Erst im Jahr 1950 bemühte sich Telefunken, ein nur noch 31 mm dickes Magisches Auge EM5 herauszubringen und erst 1952, ganze 7 Jahre, nachdem mit dem Deutschen Reich auch das Telefunken- Monopol unterging, brachte Telefunken das Magische Auge EM35 heraus, das mit 27 mm nun endlich genau so schlank war wie die EM34 der Konkurrenz und 16 Jahre, nachdem von Philips die gleich schlanke EM1 erschien.

 

Allstrombetrieb mit Stahlröhren

Die Vorstufenröhren der Stahlröhren- E- Serie mit 0,2 A Heizstrom konnten in Allstromgeräten zusammen mit den bisherigen End- und Gleichrichterröhren der C- Serie mit ebenfalls 0,2 A Heizstrom in Serienheizkreisen verwendet werden. Ein Superhet mit dem Röhrensatz ECH11, EBF11, EFM11, CL4 und CY1 + Skalenlampe + Urdox käme auf eine Gesamt- Heizspannung von ca. 90 V.

Beim Betrieb an 110 V müssten 110 – 90 = 20 V über einem Vorwiderstand vernichtet werden, was noch erträglich wäre, die Gesamt- Heizleistung wäre dabei 110 V * 0,2 A = 22 W.

Bei 220 V Netzspannung müssten jedoch 220 – 90 = 130 V über einem Vorwiderstand vernichtet werden. Für die Röhrenheizung sind dabei insgesamt 220 V * 0,2 A = 44 W aufzubringen, obwohl nur 90 V * 0,2 A = 18 W tatsächlich gebraucht werden, also ein sehr unwirtschaftlicher Betrieb.

 

Die 100 mA U-Serie ab 1939 :

Da mit den bisherigen 0,2 A- Allstromröhren der Betrieb an 220 V sehr unwirtschaftlich ist, wie am obigen Beispiel ersichtlich, wurde eine Röhrenserie mit 0,1 A Heizstrom geschaffen, wodurch sich die Gesamt- Heizleistung bei 220 V mit nur noch 22 W auf die Hälfte reduziert.

Bei den Vorstufenröhren der 100 mA U-Serie war es zu dieser Zeit nicht möglich, diese mit der gleichen Heizleistung auszuführen wie die entsprechenden 6,3V- Röhren, also statt 6,3 V / 0,2 A nun 12,6 V / 0,1 A, entsprechend jeweils 1,26 W.

Man beherrschte es noch nicht, den dünneren und längeren Heizfaden einschließlich Isolation in dem dünnen Katodenröhrchen unterzubringen. Daher musste dieses im Durchmesser vergrößert werden, was auch zu einer größeren Heizleistung von 2 W führte, also 20 V 0,1 A.

Erst später gelang es, U-Röhren mit Heizdaten 12,6 V / 0,1 A herzustellen.

 

Die U11-Serie:

UBF11: Duodiode – Regelpentode, Heizspannung 20 V, ähnlich EBF11.

UCH11: Triode – Hexode, Heizspannung 20 V, ähnlich ECH11.

UCL11: Triode+Endtetrode, Heizspannung 60 V, ähnlich ECL11. Das Endsystem ist in Leistung und Daten sehr ähnlich der CL4.

UY11: Einweggleichrichterröhre, Heizspannung 50 V.

Die Allstromröhren UBF11, UCH11 und UCL11 haben neben den anderen Heizdaten für Serienheizung auch abweichende charakteristische Daten gegenüber ihren Wechselstrom- Versionen EBF11, ECH11 und ECL11, um bei Anodenspannungen im Bereich 100 – 200 V möglichst gut zu arbeiten.

Der Allstromröhrensatz UBF11, UCH11, UCL11 und UY11 war im Bereich kompakter Empfänger besonders beliebt, aber auch bei den Allstrom- Versionen mittelgroßer Radios.

Der Röhrensatz UBF11, UCH11, UCL11 und UY11 benötigt jedoch eine Heizspannung von 150 V, hinzu kommt die Spannung der Skalenbeleuchtung sowie die des NTC- Widerstands (Urdox) zur Heizstrombegrenzung.

Daraus ergibt sich, dass dieser Allstromröhrensatz nur sinnvoll an 220...240 V Netzspannung zu betreiben ist. Bei 110... 130 V Netzspannung müssen 2 parallele Heizkreise gebildet werden, wodurch die Vorteile der U- Röhren verloren gehen. In Ländern mit überwiegend niederen Netzspannungen waren daher U- Röhren zunächst nicht verbreitet.

Dies änderte sich erst, als die Rimlock- U- Serie erschien, die mit einer Gesamt- Heizspannung von 115 V den Betrieb an 110... 130 V Netzen ermöglichte.

 

Philips/Valvo

 

U11- Röhren von Philips :

Dank der Zugehörigkeit des Saarlandes zum französischen Wirtschaftsraum nach 1945 war dieser Röhrensatz im Saarland erhältlich:

Ein kompletter Satz Allstrom U- Röhren UCH11, UBF11, UCL11 und UY11 von Philips- Frankreich.

Bemerkenswert ist, dass die Stahlröhren UCH11 und UBF11 nur mit „Miniwatt“ beschriftet sind, ohne eigentlichen Firmenname. Wollte sich Philips hier auch namentlich von Stahlröhren distanzieren ?

Es wurde hierbei nur der obere Teil des Logos verwendet, wie es Philips zuerst auf Röhren von Philips-France verwendete, später jedoch nur noch unter der Marke

Miniwatt-Dario“, wobei natürlich „Dario“ zu Philips gehörte. (Siehe Miniwatt- Beispiele Bild rechts)

Dagegen sind die beiden Glasröhren UCL11 und UY11 mit dem von Philips- Frankreich üblichen Logo gestempelt.

 

 

 

 

 

 

NF-Verbund -"Stahlröhren" aus Glas ECL11, UCL11 und VCL11

 


Unterschiedliche Bauhöhen.

Innerhalb der Produktionsspanne der Telefunken- Stahlröhren gab es drei verschiedene Bauhöhen.

Die älteste Version A hatte eine Höhe vom Kolben bis zum Sockelboden von 43 mm.

Ab ca. 1940 wurde bei der nächsten Version B die Metallhaube verkleinert, wodurch sich die Höhe zum Sockelboden auf 37 mm verringerte.

Ab ca. 1942 wurde bei Version C die Bauhöhe durch Einsparungen im Sockelbereich nochmal verringert. Der Sockelkragen entfiel, der Sockelboden wurde wesentlich dünner, wobei dieser nur noch durch die Anschlussdrähte gehalten wurde. Obwohl die Metallhaube sogar wieder größer wurde, verringerte sich die Höhe zum Sockelboden auf 35 mm.

Der Führungszapfen ist nur noch 14 mm hoch, während er bei den älteren Versionen 16 bzw. 15 mm hoch war. Hierbei kann es sich jedoch um zufällige Toleranzen handeln. Diese Version wurde dann bis zum Ende der Produktion beibehalten.

 

Die Tungsram - Metallglasröhre.

Von den neuen Röhrenserien, die mit einheitlichen elektrischen "Werten in der gleichen äußeren Form und mit gleicher Sockelung von allen deutschen Röhrenherstellern erzeugt werden, weisen einige Typen der Tungsram-Röhren eine interessante neuartige Bauweise auf. Äußerlich gleichen diese Röhren den bekannten Stahlröhren; sie teilen mit diesen auch die konstruktiven Vorteile, die durch den Entfall des Quetschfußes und den stabilen horizontalen Systembau gekennzeichnet sind. Die neuen Metallglasröhren sind jedoch, wie schon der Name sagt, unter weitgehender Verwendung von Glas als Werkstoff aufgebaut. Die Zuleitungs- und Stützdrähte für die Elektroden des Röhrensystems sind direkt in eine Preßglasgrundplatte eingeschmolzen. Die Einschmelzstellen sind längs eines Kreises angeordnet, wobei ihre Aufteilung genau der Aufteilung der Sockelstifte des achtpoligen Röhrensockels entspricht, so daß die Zuführungsdrähte auf dem kürzesten Weg mit den Sockelstiften verlötet werden können und gleichzeitig die Befestigung der Röhre am Röhrensockel vermitteln. In der Mitte der Glasgrundplatte ist ebenso wie bei den Stahlröhren der Pumpstutzen angebracht, der durch den mittleren hohlen Bolzen des Röhrensockels gegen Beschädigung geschützt ist.

Die ausschließliche Verwendung von Glas für den Aufbau der eigentlichen Röhre ergibt sehr geringe Kapazitäten zwischen den einzelnen Elektroden, so daß es, ebenso wie bei den Stahlröhren, möglich ist, alle Anschlüsse an derselben Seite der Röhre herauszuführen und am Röhrensockel anzuordnen. Durch die Anordnung des Gitter- und Anodenanschlusses auf gegenüberliegenden Seiten dies Röhrensockels ist von vornherein die Kapazität zwischen diesen beiden Anschlüssen sehr gering. Sie wird noch weiter durch ein Abschirmblech an der Röhrenfassung vermindert, das in gleicher Weise wie bei den Stahlröhren durch einen Schlitz im Röhrensockel hindurchragt und auch die Anschlußstifte mit ihren Zuführungsdrähten gegeneinander abschirmt. Außerdem ist die ganze Röhrenoberfläche noch mit einer geerdeten Metallbespritzung versehen. Zum Schutz gegen mechanische Beschädigungen ist die Röhre noch von einer am Röhrensockel befestigten Metallhaube umgeben. Wie schon eingangs erwähnt, werden in der beschriebenen Stahglasbauweise vorläufig nur einige Röhren der Röhrenserie für die Rundfunkempfänger des heurigen Jahres gebaut. Die Endröhren und die Gleichrichterröhren von Tungsram werden ebenso wie die entsprechenden Röhrentypen der übrigen Hersteller nach wie vor als Glasröhren mit Quetschfuß gebaut.

Die neuen Metallglasröhren können als eine sehr gelungene Konstruktion bezeichnet werden. Die Vermeidung des Quetschfußes ergibt, wie schon vorhergehend erwähnt, einen sehr stabilen und sehr kapazitätsarmen Systemaufbau bei geringer Bauhöhe. Die ausschließliche Verwendung von Glas als Werkstoff ermöglicht die Verwertung der Fabrikationserfahrungen und -einrichtungen für Glasröhren, insbesondere bezüglich der Evakuierung und der Getterung mit Hochfrequenz-bombarder. Die neuen Metallglasröhren von Tungsram reihen sich daher gleichzeitig den derzeit auf dem Markt befindlichen Röhren an und stellen somit einen wertvollen Beitrag für die Fortentwicklung im Röhrenbau dar.

Aus RADIO-AMATEUR 16.Jahrgang 1939 Heft September 1939

DDR- Glas- "Stahl"- Röhren

 

Lorenz- Glas- "Stahl"- Röhren

 

Telefunken- Glas- "Stahl"- Röhren

Telefunken- Glas- "Stahl"- Röhren

Durch Krieg und Demontage hatte Telefunken seine einzige Stahlröhren- Produktionsanlagen im Werk Berlin verloren und begann daher 1948 in Ulm, die bisherigen Stahl- Röhren in Glastechnik nachzubauen, wie z.B. UCH11g, EBF11g. Diese hatten im Gegensatz zur bisherigen Philosophie nun doch einen vertikalen Systemaufbau. Sie wurden mit einem Glaskolben hergestellt, der wesentlich dünner als der Sockel war, weshalb der Zwischenraum mit Kitt ausgefüllt werden musste. Der Glaskolben entsprach genau dem der Octal- GT- „Bantal”- Röhren, einschließlich deren Pressglasboden mit achtelkreisförmiger Herausfürung der Anschlussdrähte.[5]

 

 

 

Rote Philips- Röhren und Telefunken- Stahlröhren

 

 

 

 

 

 

 

(Wird fortgesetzt)